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Nachruf zum Tode des Eurasburger Künstlers Hans Kastler

Der Gorilla war sein Markenzeichen

Von Andrea Weber

Eurasburg, 6.9.2016 – Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen trauert um einen seiner größten Künstler: Der Bildhauer Hans Kastler ist vergangene Woche im Alter von 85 Jahren gestorben. Der gebürtige Österreicher lebte und arbeitete als freischaffender Künstler seit fast einem halben Jahrhundert in Eurasburg. Seine großartigen Kunstwerke aus Gips, Metall, Bronze und Stein werden den rührigen Bildhauer mit seiner humorvollen Art in Erinnerung bewahren. Im Eurasburger Ortsteil Happerg wacht der große Bronze-Gorilla oben am Wiesenhang über Kastlers Kunst und über die Gemeinde. Er war sein Markenzeichen.

Bürgermeister Moritz Sappl ist erschüttert über die traurige Nachricht, denn erst kürzlich habe er den Künstler im AWO Seniorenzentrum Loisachtal in Benediktbeuern besucht, um mit ihm gemeinsam den neuen Flyer für den Skulpturenweg in Happerg abzustimmen. Seit seinem Schlaganfall 2014 lebte Kastler dort, kümmerte sich dennoch rührig bis zu seinem Tod um seine Kunstwerke, die ihm alles bedeuteten. „Es ist enorm, welche Kraft und Energie ihm seine Arbeit gab.“ Er habe ihn für seine künstlerische Fähigkeit und Ausdrucksstärke sehr bewundert, so Bürgermeister Moritz Sappl.  Seit 1969 lebte der gebürtige Österreicher in seinem Haus im Eurasburger Ortsteil Happerg. 2009 erfüllte sich Kastler einen Traum. Den Skulpturenweg am Wiesenhang vorm Atelier. Seither stehen dort „Florettfechter“ und der „Flurwächter“, insgesamt 20 verwegene Gesellen in monumentaler Größe aus Metall und Stein mit Ecken und Kanten, in sich beweglich oder starr, kubisch und bauchig.

Der Skulpturenweg wird bleiben

Kastler hoffte damals, dass sein Skulpturenweg verbleiben darf, solange er lebe. Sappl verspricht heute: „Er darf für immer bleiben.“ Die Gemeinde stellt das Grundstück zur Verfügung und wird sich um die Kunstwerke kümmern. Inzwischen wurde die Sammlung wieder komplettiert, nachdem 2015 zwei Eisenskulpturen gestohlen wurden und seither nicht mehr auftauchten. „Wir haben die Figuren nachbilden lassen“, bestätigt der Rathaus-Chef. Er und die Bürger Eurasburg seien stolz auf Kastlers Erbe. „Das tut unserer Gemeinde sehr gut.“ Stolz ist auch ein anderer. Der Münsinger Bildhauer Hans Neumann war Kastlers Schüler und Assistent. „Er war ein wertvoller und geselliger Mensch, ohne künstlerische Fisimatenten und allseits beliebt“, erinnert sich Neumann. Im Gegensatz zu ihm, sei Kastler weg vom Gegenständlichen gegangen. „Er hat immer gesagt, er will die Natur nicht kopieren.“ Und noch fand Neumann berührend: „Er gab seinen Kunstwerken gerne lustige Namen.“ Die „Stabi-Mobis“ stehen sinnbildlich für die Intention des Künstlers: Form, Veränderung und Bewegung.

Mit einem „Schimpansen aus Holz“ im Gepäck nach New York

In einem Gespräch mit unserer Zeitung hat Hans Kastler einmal erzählt, dass ihn Ludwig Ganghofers Buch „Die Herrgottschnitzer von Oberammergau“ als Kind so fasziniert hätte, dass er Schnitzer werden wollte. Seiner Tante aus Wien hatte er es zu verdanken, dass er die Schnitzerschule in Hallein in Tirol besuchen durfte. Von 1946 bis 1950 arbeitete Kastler bei der Kiefer AG, der größten Steinmetzfirma Österreichs. Mit seinem Lehrmeister, einem italienischen Bildhauer, restaurierte er die vom Krieg zerstörten Säulen und Kapitelle des Wiener Parlaments. Später ging Kastler als Künstler hinaus in die Welt. Fuhr mit dem Schiff und einem „Schimpansen aus Holz“ im Gepäck nach New York, um sich für eine Ausstellung zu bewerben. Auf dem Weg nach Sri Lanka hatte er einen Koffer voller kleiner Skulpturen dabei. Er bekam das Wurlitzer-Stipendium und lebte ein Jahr (1964 bis 1965) in einer Künstlerkommune in New Mexico. Hans Kastler wurde 1994 mit dem Kulturpreis der Stadt Wolfratshausen ausgezeichnet und erhielt für seine bildhauerische Leistung 2004 das Bundesverdienstkreuz. Hans Kastler war ein Mensch, der mit sich und der Welt zufrieden war und die Tiere liebte. Sein Markenzeichen, der Gorilla, ist unsterblich und wird weiterhin wachsam auf Kastlers Erbe schauen. Eurasburg trauert um seinen großen Künstler. 

Bedeutendste Kunstwerke:

Den künstlerischen Durchbruch schaffte Hans Kastler mit seiner Monomentalplastik aus Beton in Form einer Schlange (22 x sechs Meter) für die Haupttribüne der Ruderregattaanlage der XX. Olympischen Spiele in München, 1972. Sein bis heute dimensional größtes Werk.  

Weitere bedeutende Aufträge:

Vier Plastiken für den Scheich in Kuweit; Betonfassade des Humanistischen Gymnasiums in München; „Rad des Lebens“, Bronzeplastik für die Bayerische Versicherungskammer München, der „Wolf“ für Wolfratshausen, Rathaus-Innenhof; „Gorilla“ aus Bronze in Geretsried, Karl-Lederer-Platz

Sein Werdegang:

Geboren am 2. Juli 1931 in Klam, Österreich
1946 – 1949 Studium bei Prof. Hans Baier, Hallein Salzburg
1951 – 1954 Studium bei Professor Fritz Behn, München
Ab 1955 freischaffend tätig
Ausstellungen im In- und Ausland:
New Mexico, Texas, Colorado, New York, Sri Lanka, Ausstellungen in Münchner Galerien sowie im „Haus der Kunst“ in München

Foto: Andrea Weber

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