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Eurasburg

„Eurasburger Bierverdruss“

von Benjamin Engel

Eurasburg, 07.12.2016 – Wer den „Eurasburger Bierverdruss“ mit der schlechten Qualität des Kulturgetränks gleichsetzt, liegt falsch: Vielmehr setzten sich die adeligen Brauherrschaften von Schloss Eurasburg im 17. Jahrhundert über das Verbot, zwischen Georgi (23. April) und Michaeli (29.September) zu brauen, einfach hinweg. Mit den umliegenden Brauern führte dieses Vorgehen zu Spannungen, bot die Eurasburger Konkurrenz doch schon dann frisches Bier an, wenn die eigenen Vorräte an eingelagertem Bier schwanden. So entstand der „Eurasburger Bierverdruss“.

Doch umging die Eurasburger Brauerei für mehrere Jahrzehnte wohl weniger die gesetzlichen Regeln, um die Konkurrenz auszustechen. Vielmehr fehlten nach dem Neubau von Schloss und Brauerei um 1630 einfach Lagerkapazitäten für das eigene Bier den Sommer über, weswegen mit dem Brauen schon vor Michaeli begonnen werden musste, um wirtschaftlich bestehen zu können.

Der „Eurasburger Bierverdruss“ wirft ein Schlaglicht auf die stetigen Auf- und Abwärtsentwicklungen in der fast 600-jährige Bier-  und Braugeschichte im Gebiet der heutigen Kommune Eurasburg. Nachzulesen sind die Querelen aus dem 17. Jahrhundert im neuen 871 Seiten starken zweibändigen Kompendium „Eurasburger Bier“ von Siegfried Rübensaal. Darin hat der langjährige frühere Bürgermeister in der Gemeinde Lengdorf (Landkreis Erding) und pensionierte Polizeihauptkommissar in dreieinhalb Jahren die Wechselbeziehungen aller gesellschaftlichen Gruppen rund um das Kulturgetränk Bier erforscht.

Zur Buchvorstellung am vergangenen Samstag mit dem Autor, Eurasburgs Bürgermeister Moritz Sappl und Mitherausgeber Karl-Heinz Eigner waren rund 180 Gäste in den Saal im Beuerberger Pfarrrheim gekommen. Die Familie Asam aus Eurasburg begleitete die Veranstaltung musikalisch. In seiner Einführung bekannte Siegfried Rübensaal zunächst skeptisch gewesen zu sein, noch ein Buch über ortsbezogene Bier- und Brauereigeschichte in Bayern zu schreiben; denn die fülle schon ganze Bibliotheken. Doch die Nachforschungen entwickelten eine ungeahnte Eigendynamik. So wurden aus zunächst angedachten 300 Seiten schlussendlich 871 Seiten. Das Ergebnis hat den Autor selbst überrascht. „In der kleinen Welt des Eurasburger Bierkosmos spiegeln sich letztlich alle Entwicklungen des vorindustriellen ländlichen Brauwesens.“

Konkurrenz prägte auch das Verhältnis Eurasburg – bereits um 1323 wurde auf der Eurasburger Iringsburg, dem Vorgängerbau des Schlosses, begonnen Bier zu brauen – und dem Stift in Beuerberg. 1553 hatte der Probst im Augustiner-Chorherrenstift, Leonhard Mochinger, das später Haderbräu genannte Haus in Wolfratshausen erworben und dort die Stiftsbrauerei eingerichtet. Die Klosterherren durften zunächst nur im Exil und für den Eigenverbrauch brauen. In den klösterlichen Tavernen in Beuerberg und St. Heinrich gab es zu dieser Zeit nur Bier aus Eurasburg. Erst 1696 erhielten die Augustiner-Chorherren das Schank- und Braurecht direkt im Stift, konnten bis zur Säkularisation 1803 direkt in Beuerberg Bier herstellen und anbieten. Noch im 19. Jahrhundert versuchten die Eurasburger Brauherrschaften den Betrieb in Beuerberg wiederzubeleben. So kaufte Ferdinand Albrecht von Gumppenberg-Pöttmes 1810 den Betrieb in Beuerberg. Doch 1849/50 wurde das Brauen in Beuerberg unter einem der späteren Besitzer aus Eurasburg eingestellt.

Die beiden Buchbände strotzen nur so vor Detailfülle zum bayerischen Bier- und Brauwesen insgesamt, enthalten zahlreiche, auch bisher der Öffentlichkeit unbekannte Gemälde, Skizzen, Stiche und Fotos. In vier Kapiteln zeichnet Siegfried Rübensaal zunächst die geschichtliche Entwicklung der Eurasburger Braugeschichte nach. In einem Sonderkapitel geht es um das Beuerberger Bier. Es folgen 31 Abschnitte, in denen sich der Leser in bestimmte Aspekte wie die Brauereigebäude und Brauereianlagen bis hin zu historischen Bierkrügen, der Bebauung auf dem Schlossareal, zu Biergesetzen, Natureis und künstlicher Kältegewinnung vertiefen kann. Und damit lassen sich ebenso Einblicke in die technische Entwicklung beim Brauen gewinnen. So kam es erst im 19. Jahrhundert auf, Natureis zur Kühlung zu verwenden, um Bier länger haltbar zu machen. In Eurasburg wurde Natureis aus dem Haidacher Weiher gebrochen.

Mitherausgeber Karl-Heinz Eigner aus Eurasburg hat das Buchprojekt angestoßen. Er beschäftigt sich seit rund 20 Jahren selbst mit der Historie von Alt-Eurasburg, Beuerberg und Umgebung. Als er auf der Suche nach lokalen Schankgefäßen nicht vorankam, kontaktierte er Siegfried Rübensaal. Der 74-Jährige hat seit vielen Jahrzehnten mit Maßkrügen eine umfangreiche Sammlung aufgebaut und ein privates Maßkrugmuseum eingerichtet und Bücher und Aufsätze zum Thema veröffentlicht. So wurde Karl-Heinz Eigner auf ihn aufmerksam. Bei der Buchvorstellung lobte der Mitherausgeber das Verdienst des Autors. „Denn die Erinnerung an die Geschichte der Brauerei ist weitestgehend aus dem Ortsbild verschwunden.“

Im Buch wird die lokale Bier- und Braugeschichte mit Entwicklungen auf höherer Ebene etwa zu Biergesetzen in Beziehung gesetzt. Scharnierfunktion hatte etwa Ferdinand Albrecht Freiherr von Gumppenberg-Pöttmes (1753 bis 1817) als Besitzer der Eurasburger Brauerei  und Direktor der königlichen Brauhäuser in Bayern. Doch geht die Detailfülle weit über das Thema Bier hinaus. In einer Darstellung im Anhang erinnert etwa Michael Kleiner an einen der bedeutendsten Söhne der Gemeinde, den späteren Erzbischof von Bamberg, Bonifaz Kaspar von Urban (1773 bis 1858) aus Oberherrnhausen.

An der Finanzierung des Buches beteiligen sich die Kommune Eurasburg, Mitherausgeber Karl-Heinz Eigner und die Raiffeisenbank Beuerberg-Eurasburg. Die beiden Bände erscheinen in einer Auflage von 1000 Stück und kosten zusammen 29,50 Euro. Erhältlich ist das Werk in der Gemeindeverwaltung.

Die Kultur und Literatur zu fördern, zähle zu den Aufgaben einer Gemeinde, erklärte  Eurasburgs Bürgermeister Moritz Sappl. Für ihn verbindet Bier Eurasburg und Beuerberg auf vielfältige Weise. „Die bisher unbekannten Seiten der glanzvollen Eurasburger und Beuerberger Geschichte sind nun nachzulesen.“

Siegfried Rübensaal, Eurasburger Bier
Herausgeber: Karl-Heinz Eigner und Gemeinde Eurasburg
Förderer: Raiffeisenbank Beuerberg, Eurasburg
Zwei Bände, 871 Seiten
Preis: 29,50 Euro
Erhältlich in der Gemeindeverwaltung Eurasburg


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