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Im Porträt: Ursula Göpfert, Vorsitzende T.U.N.-Verein, Beuerberg

„Wir leben im Speckgürtel der Republik“

Von Benjamin Engel

Eurasburg, 23.10.2017 – Die Arbeitslosenquoten in der Region zählen zu den niedrigsten der Bundesrepublik. Die Landeshauptstadt München und die Kommunen im direkten Umkreis prosperieren. Neue Arbeitsplätze entstehen und ziehen Menschen an. Touristen und Einheimische schätzen die vielfältigen Kulturangebote und Freizeitmöglichkeiten von den nahen Bergen bis zu den zahlreichen Seen. Die Region ist reich an Chancen. Doch unter der glitzernden Oberfläche der weiß-blauen Erfolgsgeschichte im Freistaat leben viele, die etwa finanziell nicht mithalten können. Um gegen die versteckte Armut zu kämpfen, hat Ursula Goepfert vor 15 Jahren den T.U.N.-Verein gegründet. Zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im Landkreis haben sie und ihre Mitstreiter inzwischen mehr als 100000 Euro gesammelt.

„Wir leben wirklich im Speckgürtel der Republik. Trotzdem gibt es diese Schattenwelt“, sagt Goepfert. Wer arm sei, verstecke das gerne vor der Öffentlichkeit. Noch in schöner Erinnerung hat sie eine Aktion mit der Franz-Marc-Förderschule in Geretsried. Schülerinnen des privaten Ickinger Günter-Stöhr-Gymnasiums – darunter die Tochter von Goepfert – hatte sie als Patinnen für die Mädchen der Abschlussklasse der Geretsrieder Einrichtung gewonnen. „Jedes Paar hat 250 Euro bekommen. Sie sollten sich ein geeignetes Outfit kaufen, dass sie zur Abschlussfeier, aber auch für ein Bewerbungsgespräch verwenden können“, erzählt Goepfert. Anschließend machte eine Stylistin ihnen die Haare und das Make-up. „Die Mädchen haben sich richtig gefreut, dass sich jemand für sie so viel Zeit genommen hat.“

Die Franz-Marc-Förderschule in Geretsried zählt zu den größten Spendenempfängern des Beuerberger T.U.N.-Vereins. Die Wortkombination steht für „Taten, Unterstützung und Notwendigkeiten“. Leitgebend für den Einsatz der Vereinsmitglieder ist ein Zitat des deutschen Schriftstellers Erich Kästner „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Nach diesem Motto organisieren die Vereinsmitglieder jährlich einen Benefizabend im Beuerberger Pfarrheim, um das Geld für Projekte im Landkreis zusammenzubekommen.

In diesem Jahr steht die Veranstaltung am Samstag, 21. Oktober, unter dem Motto „Big Band Zauber“. Die Linde Sound Machine – die aus Mitarbeitern des Pullacher Unternehmens bestehende Big Band – und der Wolfratshauser Zauberkünstler Andreas Maier werden auftreten. Zudem kündigt Goepfert einen Überraschungsgast an. Gemeinsam mit ihren Vorstandsmitgliedern Anke Müllejans, Karin Weiß und Sohn Thomas organisiert sie den Benefizabend jedes Jahr selbst. Die Mitglieder backen Kuchen, bringen Essen mit und verkaufen Getränke. Die Einnahmen fließen in die Projektarbeit.

Seit 15 Jahren T.U.N-Verein

Die Idee, den Verein zu gründen, hatte Goepfert vor mehr als 15 Jahren gemeinsam mit ihrer Freundin und Beuerberger Sängerin Uli Mauk. „Wir saßen auf der Terrasse und haben uns gesagt, wir leben in einer so schönen Landschaft. Und trotzdem gibt es Kinder, die Unterstützung brauchen.“ 2001 organisierten sie ein erstes Benefizkonzert zu Weihnachten in der Beuerberger Pfarrkirche. „Das war dort sehr kalt.“ Das Geld gaben sie an Antenne Bayern weiter. „Wir haben nie erfahren, für welches Projekt die unser Geld überhaupt ausgegeben haben“, sagt Goepfert. Ein Jahr später – also 2002 – gründete sich der T.U.N.-Verein.

Das erste Projekt im Landkreis wurde für die Franz-Marc-Förderschule in Geretsried finanziert. Wie Goepfert erzählt, sei der damalige Rektor, Clemens Joppich, auf den Verein zugekommen. Er habe gerade die Mittagsbetreuung an seiner Schule aufgebaut. Das unterstützte der T.U.N.-Verein mit einer Spende von 5000 Euro.

Weiteres Geld floss etwa an den Verein „Arbeit für Jugend“ aus Wolfratshausen. Dessen Ziel ist es, Mittelschülern bei ihrem Weg zu einem erfolgreichen Schulabschluss und dem Finden einer Ausbildungsstelle zu helfen. Unter anderem für das Musikprojekt am Sonderpädagogischen Förderzentrum in Bad Tölz oder für die Arbeit des Benediktbeurer Zentrums für Umwelt und Kultur (ZUK) mit straffällig gewordenen Jugendlichen gab der T.U.N.-Verein Geld. „Pater Karl Geißinger und sein Team imponieren mir einfach. Sie geben jedem straffällig gewordenen Jugendlichen das Gefühl von Würde“, sagt Goepfert.

An der Mittelschule in Geretsried hat der T.U.N.-Verein erst kürzlich eine Schulbegleiterin für eine ganze Klasse finanziert. Es sei toll zu sehen, wie sich die Kinder mit ein wenig Zuwendung entwickelt hätten, sagt Goepfert. Mit geringen Mitteln lasse sich so viel erreichen. Ein demokratisches, friedliches Land wünsche sich jeder. Damit dies so bleibe, müsse man in die Zukunft investieren. „Und das ist nun einmal die Jugend.“. Jeder könne etwas tun. „Es kommt so viel an Menschlichkeit zurück“, sagt Goepfert. „Die Kinder schicken uns Fotos von ihrer Abschlussfeier. Es ist toll zu sehen, dass sie Chancen bekommen haben.“

Fotos: Benjamin Engel

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