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Es tut sich was in Wolfratshausen

In Wolfratshausen ist einiges geboten. Die Stadt an der Isar hat viel zu bieten - sowohl den Urlaubsgästen als auch den Einheimischen.

Erfahren Sie hier mehr über Wolfratshausen und seine Veranstaltungen.


Metropoltheater München in der Wolfratshauser Loisachhalle

Ein Flügel als Tanzfläche

Von Claudia Koestler

Wolfratshausen, 20.02.2017 - Wer keine Liebe hat, so steht es schon in der Bibel, ist nur ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Daniel Daréus ist ein gefeierter Dirigent auf dem Höhepunkt seiner Karriere – und einfach nie zufrieden. Vergebens sucht der Star nach absoluter musikalischer Perfektion. Dabei geht er über seine eigenen Grenzen und auch die der anderen. Das Metropoltheater München brachte am Freitag Kay Pollaks bewegende Tragikomödie „Wie im Himmel“ über die Kraft der Musik in der Wolfratshauser Loisachhalle auf die Bühne.

Den gleichnamigen Film sahen allein in Schweden über zwei Millionen Menschen, 2005 war er für den Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film nominiert. Seit der deutschsprachigen Erstaufführung 2007 erobert die Bühnenfassung, ebenfalls aus der Feder Pollaks, auch hierzulande die Theater. Das Metropoltheater, das sich längst einen guten Ruf erarbeitet hat, setzte das Stück unter der Regie von Dominik Wilgenbus und Jochen Schölch als atmosphärisch dichtes Kammerspiel in Szene. Für Gänsehautmomente sorgte nicht zuletzt der A-Cappella-Gesang der Schauspieler.

Ein Experiment verändert das Leben

Doch der Reihe nach, und erst einmal zur Geschichte: Von seiner Karriere ausgelaugt, zieht sich der gefeierte Dirigent Daniel Daréus, dargestellt von Matthias Grundig, nach einem Zusammenbruch in die Abgeschiedenheit seines kleinen Heimatdorfes zurück. Schon bald bitten die Dorfbewohner den prominenten Rückkehrer, die Leitung des Kirchenchors zu übernehmen. Daréus wagt mit den neugierigen, aber eigenwilligen Bewohnern ein Experiment, das ihr Leben verändert.Das gemeinsame Musizieren lässt den Chor zu einer starken Gemeinschaft zusammenwachsen, fördert aber auch lange verschüttete Sehnsüchte der Chormitglieder zu Tage. Mit der jungen Lena (Vanessa Eckart / Ina Meling) lernt der Musiker kennen, was er für sich längst verloren glaubte: die Liebe. Das gefällt nicht jedem im Dorf, und Daniel, der gerade selbst zum Leben und zur Liebe zurückfindet, gerät zwischen die Fronten. Bald ist Daréus einigen im Dorf ein Dorn im Auge, weil er durch die Musik nicht nur verdrängte Sehnsüchte und Träume, sondern auch alte Verletzungen und Konflikte zu neuem Leben erweckt. Die Einladung zu einem europaweiten Chorwettbewerb stellt schließlich alle vor eine große Herausforderung.

Zentrale Rolle: Ein Flügel

Die Filmversion gilt als Wohlfühl-Movie mit Tiefgang. Die Bühnenfassung des Metropoltheaters hingegen fand eigenständige Bilder, die schnell vergessen ließen, die Aufführung mit der Filmvorlage zu vergleichen. Tatsächlich stand hier die Musik im Mittelpunkt. Ein Bühnenbild im klassischen Sinne gab es nicht, lediglich die Namen und eine Mütze ließen auf Skandinavien als Handlungsort schließen. Eine zentrale Rolle kam einem Flügel zu: Er wurde zum Bett, zum Versammlungsraum, zur Bühne und zur Tanzfläche.

Grundig als Daniel Daréus gab anfangs den wirklichkeitsfremden Kunstdespoten, der sich selbst im Wege steht und noch nicht einmal Rad fahren kann. Später dann wandelte er sich zum verträumten Liebhaber wider Willen – alle Dorfbewohnerinnen haben ein Auge auf den Sonderling geworfen, was zwangsläufig zu Eifersucht und Zwist führt. Da ist zum einen die verhärmte Siv (Nathalie Schott), zum anderen die kecke Lena. Schließlich die einsame Inger (Lilly Forgách) , die Frau des Pfarrers Stig (Marc-Philipp Kochendörfer). Er ist der eigentliche Gegenspieler von Daniel. Ein Mann des strengen Glaubens, vor allem aber himmelschreiend bigott – heimlich geilt er sich an Pornoheften auf. Kochendörfer stellte diese Ambivalenz glaubhaft dar. So legte diese Inszenierung bei all ihrer Con Amore- und Carpe-Diem-Aussagen auch einen dunklen Kern offen.

Die Aufführung in der Loisachhalle lebte aber nicht nur von dynamischen, vielschichtigen Bildern, sondern hinterfragte geschickt, was einen Menschen ausmacht. Im konkreten Falle war es die Musik, deren Kraft einerseits die Unvollkommenheit vor Augen führt, andererseits die Sinne öffnet, um neue Wege einzuschlagen. Eine gelungene Darbietung folglich, die den großen Applaus des Publikums verdient hatte.

Fotos: Claudia Koestler


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