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Gedenken an die Bücherverbrennung

Eindrucksvolle Auftritte gegen das Vergessen

Von Peter Herrmann

Wolfratshausen, 12. 5. 2017 – Das Verbrennen von Büchern und die Konfiszierung von Kunstwerken durch die Nationalsozialisten liegen schon über acht Jahrzehnte zurück. Dass sich Schüler, Musiker und Künstler am Jahrestag der Bücherverbrennung in der ausverkauften Loisachhalle zusammenfanden und den Besuchern ein fast vierstündiges Programm boten, war der Verdienst des Historischen Vereins Wolfratshausen und des Kulturvereins Isar-Loisach (KIL). Der Erlös kommt der Errichtung eines Begegnungs- und Dokumentationszentrums im ehemaligen Badehaus am Waldramer Kolpingplatz zugute.

Musik und Bewegungstheater eröffnen den Abend

Die Probleme im Vorfeld der Veranstaltung – KIL-Vorstandsmitglied Assunta Tammelleo klagte über mutwillig heruntergerissene Plakate – waren spätestens beim Erstrahlen der Bühnenbeleuchtung vergessen. Die Geigerin Traudi Siferlinger und ihre Band Pitu Pati eröffneten einen fast vierstündigen Abend, an dem abgesehen von einer kurzen technischen Panne bei einer Filmeinspielung alles klappte. Schon die erste Vorführung der 11. Jahrgangsstufe des Ickinger Rainer-Maria-Rilke Gymnasiums, die mit einer Big Band auftrat, war durchaus anspruchsvoll. Mit durcheinander sprechenden Stimmen und schnellen Bewegungen forderten sie die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Der mehrfach ausgezeichnete Kabarettist Helmut Schleich las danach einen Text des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig, der sich im Exil zusammen mit seiner Frau das Leben nahm. Da zur Zeit des Nazi-Regimes nicht nur Autoren verfolgt, sondern auch die Werke von bildenden Künstlern konfisziert oder gar vernichtet wurden, erinnerten verschiedene Schulgruppen an deren Schaffen.

Am eindrucksvollsten gelang dies zweifellos den erst sechs- bis siebenjährigen Waldramer Grundschülern, die zusammen mit ihrer Lehrerin Cornelia Schubert selbstgemalte Kühe auf Styroportafeln präsentierten, ein Lied sangen und fehlerfrei die Biografie des bereits 1916 gestorbenen Malers Franz Marc vortrugen. Sie erhielten mit Abstand den lautesten Applaus. „Ich habe ihnen als Belohnung am nächsten Tag für die erste Stunde freigegeben“, verriet Cornelia Schubert in der Pause. Andere Schulen erinnerten mit ihren Darbietungen an die Künstler Max Beckmann (Gymnasium Geretsried), Wassily Kandinsky (Realschule Geretsried), Felix Nussbaum (St. Matthias Seminar Waldram), Edvard Munch (Freie Waldorfschule), Paul Klee (Realschule Wolfratshausen), Georg Netzband (Mittelschule Wolfratshausen), Käthe Kollwitz (Gymnasium Schäftlarn) und Ernst Ludwig Kirchner (Berufsschule Wolfratshausen).

„Die Bücher sind immer noch da!“

„Ich bin froh, dass ich heute an einem Ort bin, wo so viel Liebe herrscht“, zeigte sich Zeitzeuge Leibl Rosenberg beeindruckt. Er war einst einer der sogenannten „Displaced Persons“, die im Lager Föhrenwald – dem heutigen Waldram – eine vorübergehende Heimat fanden. Die Gedenkveranstaltung endete mit musikalischen Beiträgen von Anatol Regnier sowie Lesungen von „Tatort“-Kommissar Udo Wachtveitl und Kabarettist Christian Springer. Letzterer wies in einem eindringlichen Schlussappell auf die Unsinnigkeit von Bücherverbrennungen hin: „Die Bücher sind immer noch da, also haben die Nazis nicht gewonnen und das werden sie auch in Zukunft nicht“, stellte Springer klar. Gemeinsam mit Schirmherr Herzog Franz von Bayern und allen Beteiligten genoss er die stehenden Ovationen des Publikums. Der Erlös kommt wie berichtet dem geplanten Dokumentationszentrum im ehemaligen Waldramer Badehaus zugute. „Ich war froh, dass ich dabei war. Das war eine gute Sache“, bedankte sich Schauspieler Udo Wachtveitl bei den Veranstaltern.

Fotos: Peter Herrmann, Andrea Weber


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