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Handwerk in Geretsried

Alles handgemacht und aufgemöbelt

von Andrea Weber

Geretsried, 24.5.2013- Sitzt man bei Friederike Krüger in der modernen Wohn-Essküche im Obergeschoss, ahnt man nicht, dass darunter im Souterrain eine alte Werkstatt liegt, wo einst Blasinstrumente der Firma Meinl gebaut wurden. Es ist ein Raum mit vier Meter Deckenhöhe und einer riesigen Fensterfront. Weil‘s im Winter empfindlich kalt durch die gusseisernen Sprossen zieht, arbeitet Friederike Krüger nur in den Sommermonaten dort unten an ihrer ganz speziellen Recycling-Kunst. Krüger macht aus alten Materialien originelle Taschen und andere Gebrauchsgegenstände – „Aufgemöbelt“ heißt ihr Label.

Krüger ist gelernte Innenarchitektin und hat den alten Bunker, beziehungsweise ein Viertel davon, als „Schnäppchen“ im Jahr 2000 erstanden, seitdem lebt die Alleinerziehende mit Tochter Lilli (17 Jahre) und Sohn Janne (14 Jahre) darin. So wie sie diesen Bunker mit seiner „morbiden Schönheit“ renoviert und ins moderne Leben integriert hat, so macht die 48-Jährige auch aus Abgetragenem und Ausrangierten originelle Einzelstücke, weil sie findet, dass heutzutage „vieles viel zu schnell und achtlos weggeworfen wird“. „Was bleibt uns dann noch von unserer Vergangenheit?“

Bunkerkeller voller Dirndlstoffe, Bordüren, Lederhosen, alter Pfadfinder-Zeltplanen und sogar Hirschgeweihe

Angefangen hat diese Leidenschaft zur Wiederverwendung schon im Studium an der Fachhochschule in Mainz. Während ihre Kommilitonen neue Stehlampen konzipierten, holte sie Vaters alte Schreibtischlampe mit verschnörkeltem Messingfuß aus dem Keller und rüstete das antiquarische Stück auf Halogentechnik um. Heute sind in ihrem Bunkerkeller die Regale voller Materialien, wie beispielsweise Dirndlstoffe, Bordüren, getragene Lederhosen, alte Pfadfinder-Zeltplanen und sogar Hirschgeweihe findet man darunter. Daraus macht Krüger Kleiderständer, Hand- und Umhängetaschen und Handyhüllen und vertreibt ihre Einzelstücke über das Internet oder auf Märkten.

Die Lederhosenhandtasche ist der Renner der Kollektion

So kreativ sie mit Ausgedientem umgeht, so bunt ist auch ihr Lebensweg. Bevor sie Innenarchitektur studierte, machte sie eine Schneiderlehre. Im Studium ging sie für ein Jahr nach Venedig, eine Zeit, die sie besonders prägte, sagt sie. „Es ist grandios, wie am Markusplatz Morbidität und Lebendigkeit einhergehen.“

Seit 1995 lebt die gebürtige Wiesbadenerin in Geretsried. Durch die Geburt ihrer Kinder übte sie ihren eigentlichen Beruf als Innenarchitektin nie richtig aus. Dafür verdient die Künstlerin heute mit Sport ihren Unterhalt. Sie ist externe Lehrkraft am Geretsrieder Gymnasium und steht rund 50 Tage im Winter als Skilehrerin auf der Piste. Zwischendurch aber rattert die Profi-Nähmaschine, wenn Friederike Krüger wieder steppt, säumt und eine ihrer Lederhosenhandtaschen näht – übrigens der Renner der Kollektion.