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Holzhausen/Münsing

Töpfereiwerkstatt in der alten Schmiede

Von Benjamin Engel

Münsing, 25.09.2016 – Mit ihrer Töpfereiwerkstatt in der alten Schmiede an der St. Heinricher Straße ist Corinna Post fester Bezugspunkt mitten im Dorf Holzhausen. Sie zählt zu den Mibegründern von "Holzhauser stellen aus". Unter dem Motto öffnen kreative Dorfbewohner im Zwei-Jahres-Rhythmus ihre Türen für Besucher. Corinna Post feierte das 20-jährige Bestehen ihrer Töpferei in Holzhausen mit einer Lesung, einem Konzert und Kurzfilmen am Freitag und Samstag.

Für Corinna Post zählt es zu den größten Herausforderungen im Töpferhandwerk, eine eigene Sprache zu finden. Mischen sich in ihren Produkten klassische mit modernen Formen, ist für die 61-Jährige doch die spätere Funktion eines Gegenstands entscheidend. „Ein Gefäß soll funktionieren, nicht nur irre ausschauen.“ Credo ihrer Arbeit: Aus der Form ergibt sich die Funktion. So sind ihre kunstvoll verzierten Teeschalen so dünn und leicht, dass die Menschen möglichst vergessen sollen, dass sie ein Gefäß in den Händen halten. Denn sie sollen vom Prozess des Trinkens kaum abgelenkt werden. Und das ist auch auf die anderen Gebrauchsgegenstände von Post – Teller, Tassen, Schalen oder Milchkannen.

Die gebürtige Düsseldorferin Post zog 2003 mit ihrer Werkstatt von der Brunnenstraße in das Gebäude der früheren Schmiede an der St. Heinricher Straße. Ihrer Initiative ist es mitzuverdanken, das kreative Potenzial der Menschen in dem kleinen Dorf sichtbar gemacht zu haben. Post hat das Konzept von „Holzhauser stellen aus“ mit der Kunstkeramikerin Sabine Severin und dem Lichtdesigner Gregory Prade entwickelt. Ihre Ausgangsüberlegung: das ganze Dorf miteinzubeziehen, die Besucher auf einem Rundweg zu mit orangenen Fahnen markierten Orten durch Holzhausen zu leiten. Dieses Konzept hat sich bewährt: 2015 machten 21 Holzhauser mit von der Einmachküche für Marmeladen, einer Polsterei, bis zu Schneiderinnen und der Feuerwehr. Seitdem fühlt sich Post im Dorf erst so richtig eingebettet und freut sich über die Chance, auch selbst das ganze kreative Potenzial des Ortes entdecken zu können. „Es gibt immer irgendjemandem, dem was einfällt.“

Post stammt aus einer Künstlerfamilie. Ihr Vater malte, ihre Mutter töpferte nebenbei. Ein Sozialpraktikum in der zwölften Klasse in einem englischen Camphill-Dorf für geistig-behinderte Menschen mit einer Keramikwerkstatt löste den Wunsch aus, das Töpferhandwerk zu erlernen. Nach einer Lehre in Nümbrecht im Bergischen Land studierte sie an der Akademie der Künste in München Keramik und Bildhauerei. Post bekam zwei Kinder und gründete 1996 die Keramikwerkstatt in Holzhausen.

Post stellt gerne Serien-Stücke her. Drehe sie viele gleiche Gefäße wie Tassen oder Teller, entstehe eine innere Ruhe in der Arbeit. Zudem biete sich ihr die Möglichkeit, jedes einzelne Stück zu optimieren. Dazu zitiert die Keramikerin den Bildhauer Panamarenko: „In der konsequenten Rückversetzung in eine Situation nicht entfremdeter, unmittelbar erlebbarer und verstehbarer Arbeit, liegt eine poetische Antwort auf moderne Existenzbedingungen.“ So fasziniert Post an ihrer Tätigkeit, dass sie mit dem ganzen Körper arbeiten, über Körperspannung und Rhythmus beim Drehen sich in das Material einfühlen müsse.

Für ihre Tassen, Teller, Schalen, Vasen oder Weinkühler verwendet Post roten Ton. Sie brennt das Material bei 1070 Grad zu Steingut. So bleibe es weicher offenporig und wirke wärmer als bei höheren Temperaturen gebranntes Steinzeug. Dafür ist Steingut nicht wasserdicht, weshalb Post eine transparente Glasur aufbringt.

Auf ihren federleichten Teeschalen winden sich bunte, Schattenrissen gleichende  Körper ineinander. Dafür ritzt die Keramikerin mit dem Nagelstift die Umrisse der Figuren in den getrockneten Ton. Für die Farbgebung arbeitet sie mit der Technik des Engobierens. Sie trägt die Engoben – flüssige Tonschlämmungen – innerhalb der vorgeritzten Linien auf die Keramikobjekte auf. Erst nach dem Brennen entfalten die Farben ihre intensive Leuchtkraft.

Die Maxime von Post ist es, Gebrauchsgegenstände anzufertigen. Sie entwirft Vasen in praktischer Form mit mehreren Elementen zum Zusammenstecken, Eierbecher, Weinkühler oder Krüge in zeitlosen, schnörkellosen und doch dynamischen Formen und greift auf das Farbenspektrum traditioneller Keramik vom Land zurück. Für Kinder und Erwachsene organisiert sie Töpferkurse. Das Schöne an ihrer Arbeit sei, dass der ganze Entstehungsprozess vom Ton bis zum fertigen Produkt allein in ihren Händen liege, sagt Post.


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