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Florian-Stadl im Kloster Andechs 

Foto-Ausstellung „Wächter des Reinheitsgebots“

Von Benjamin Engel

Andechs – 23.9.2016 - Ein Vorstand beweist sich als Löwen-Dompteur, Mitarbeiter schrecken in Ehrfurcht vor einem Schwan zurück, Schwester Doris aus Mallersdorf, Braumeisterin und deutschlandweit einzige Ordensfrau, die eine Brauerei leitet, blickt zwischen den hochaufragenden Türmen der Klosterkirche in die Kamera: Die Bilder zeigen das breite Spektrum bayerischer Biergeschichte und -kultur und sind nur drei der hundert Aufnahmen von bayerischen Brauern und Brauerinnen aus der Foto-Ausstellung „Wächter des Reinheitsgebots“. Noch bis zum 30. September sind die großformatigen und ausdrucksstarken Porträts im Florian-Stadl am Fuße des Andechser Klosterbergs zu sehen. Für die Fotografien ist Sead Husic rund zwei Jahre durch Bayern gereist und hat die Betriebe im Auftrag des Bayerischen Brauerbundes besucht.

Die Wanderausstellung will zum 500-Jahr-Jubiläum des Reinheitsgebots die Köpfe hinter den Brauereien zeigen. Die Porträts greifen Besonderheiten aus der Geschichte der Brauereien auf oder setzen individuelle Charakteristika und das Selbstverständnis der Betriebe innovativ in Szene, so auch bei der Andechser Klosterbrauerei: Vor dem offenstehenden Tor zum Klausurgarten kosten Pater Valentin Ziegler sowie Chef und Braumeister Alexander Reiss vom Doppelbock Dunkel.

Wie Klostersprecher Martin Glaab erklärt, wecke das bunte Herbstlaub auf dem Tisch vor ihnen Assoziationen zum Herbst und Winter, eben zu den Jahreszeiten, in denen das dunkle Bier besonders gern getrunken werde. Das geöffnete Tor stehe für den Aufbruch zu neuen Geschmackswelten.
Sead Husic hat für die Aufnahmen analog und digital fotografiert. Der kaufmännische Leiter Christian Rieger zeigt sich bei der gemeinsamen Presseführung mit Glaab vor Ausstellungseröffnung beeindruckt von den großformatigen Darstellungen. Für die Fotos wurden Aluminium-Lichtkästen angefertigt. Dank eines speziellen Textilstoffs lassen sich die Drucke wie bei einem Dia hinterleuchten. So treten selbst kleine Details plastisch hervor. „Das ist sehr schön anzuschauen“, sagt Rieger. Die Botschaft der Bilder ist für beide klar: Die bayerischen Brauer stehen hinter dem Reinheitsgebot mit seinen vier festgelegten Zutaten Wasser, Hopfen, Malz und Hefe. 

Schon im Stiftungsbrief von 1458 sind eine Tafernwirtschaft in Andechs und Schankrechte auf dem Heiligen Berg erwähnt. Seit jeher spielten die Klöster eine besondere Rolle in der Bierhistorie. In vielen gab es zumindest bis zur Säkularisation im Jahr 1803 Brauereien. Von den acht noch existierenden Klosterbrauereien in Bayern beteiligten sich sechs an der Foto-Ausstellung: Andechs, Ettal, Weltenburg, Scheyern, Mallersdorf und Ursberg. Schwester Doris aus Mallersdorf ließ sich als eine der ersten für das Projekt fotografieren. Damit habe sie das Eis für die Ausstellung gebrochen, sagt Martin Glaab. Braumeister Tobias Huber und Pater Lukas Wirth posieren beispielsweise vor der Anlage von Kloster Scheyern. Neben ihnen steht eine kunstvoll verzierte Tür. Für Martin Glaab zeigt sich daran, dass es ebenso große Kunstfertigkeit und Geschick zum Anfertigen einer Tür wie zum Brauen eines Bieres brauche. Braumeister Christian Mitterbauer von der Schlossbrauerei Friedenfels kann es mit dieser Assoziation locker aufnehmen. Er inszeniert sich in der Rolle des Bier-Komponisten. Er thront auf Paletten zwischen Instrumenten vor einer Wand aus aufeinandergeschichteten Bierkästen. „Das steht für mich in besonderer Weise aber auch für die Wirtshauskultur mit Geselligkeit und Beisammensein“, sagt Christian Rieger.

Zwischen den wie Stelen auf verschiedenen Ebenen aufgestellten und illuminierten Aluminium-Lichtkästen können die Ausstellungsbesucher flanieren und interessante Details entdecken. Da sitzt Mario Schäfer, technischer Leiter von Weihenstephan, mit einer historischen Abstechlatte zum Messen der heißen Würzemenge im gemauerten Gewölbe vor dem Korbinian-Brünnlein. Hier sollen die Mönche vor Jahrhunderten die Quelle gefunden haben, aus deren Wasser sie ihr Bier brauten. Und hinter der würdevollen Erscheinung von Monica Reichsgräfin von Arco auf Valley – im Hintergrund eine historische Dampfmaschine zur Energieerzeugung - verbirgt sich ein geschichtliches Drama. In ihren Händen hält die Leiterin der Gräflichen Brauerei Arco Valley ein gerahmtes Telegramm von 1906. Darin wurde der Graf im Arco-Palais in München darüber informiert, dass Schloß Adldorf komplett abgebrannt sie, die Herrschaft jedoch wohlauf sei.

Die Mitarbeiter der Regensburger Spitalbrauerei inszenieren sich für das Foto wie beim letzten Abendmahl von Leonardo da Vinci, allerdings mit Bier und Brezen statt Wein und Pessach-Brot. Ein Symbol für Aufbruch, wie Martin Glaab findet. Schließlich sei daraus ja auch das Christentum als weltweite Bewegung entstanden.

Aufbruch und Tradition prägen auch heute noch die Klosterbrauerei Andechs. Direkt beim Kloster wird das Bier gebraut und abgefüllt. Die Brauerei und der Freundeskreis des Klosters organisieren am Mittwoch, 21. September, ein großes Fest zu 500 Jahren Reinheitsgebot im alten Pferdestall oberhalb des Florian-Stadls von 19 Uhr an.  Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes, wird zum Reinheitsgebot sprechen. Die Stiftsarchivarin des Klosters, Birgitta Klemenz, setzt sich mit der Historie der Andechser Brautradition auseinander und Brauerei-Betriebsleiter Alexander Reiss informiert über wichtige künftige Baumaßnahmen. An diesem Abend wird auch der unfiltrierte Bergbock Hell, das Andechser Jubiläumsbier zum Reinheitsgebot, letztmals ausgeschenkt.

Wander-Ausstellung „Wächter des Reinheitsgebots“, 16. bis 30. September, täglich 11-19 Uhr, Florian-Stadl, Eintritt frei


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