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Eröffnung Thomas-Mann-Zimmer in Bad Tölz

Mann, Mann, Mann

Von Birgit Botzenhart

Bad Tölz - Würde Thomas Mann noch leben, hätte er in der Stadtbücherei von Bad Tölz nun ein eigenes Arbeitszimmer. Der gleichnamige Raum wurde Anfang Oktober 2018 eingeweiht. Geehrt haben diesen Akt durch ihr Kommen Professor Frido Mann, Theologe, Psychologe und Enkel des berühmten Schriftstellers, sowie Literaturprofessor Ruprecht Wimmer, ehemaliger Präsident der Lübecker Thomas Mann-Gesellschaft.

Das neu eingerichtete Zimmer befindet sich im ersten Stock. Der dunkle Holzschreibtisch fängt sofort den ersten Blick ein. An zwei Wänden lassen die alten, doppelten Glasfenster des historischen Gebäudes Licht herein. Vor den dunkelgrau gestrichenen Wänden stehen die dunklen Holzregale. Die Lektüre ist hier allen schreibenden Familienmitgliedern der Manns gewidmet, und was man über sie geschrieben hat. Jeder darf am Schreibtisch Platz nehmen. Bei den Möbeln handelt es sich um Filmrequisiten für den Dokumentationsfilm „Die Manns“ von Heinrich Breloer. Auch die Bilder sind Repliken, direkt hinter dem Schreibtisch hängt Max Liebermanns Zeichnung des Literaturnobelpreisträgers sowie das Gemälde „Die Quelle“, das Manns Arbeitszimmer zierte.

Das Thomas-Mann-Zimmer ist zu den regulären Öffnungszeiten der Tölzer Stadtbücherei zu besichtigen. Öffnungszeiten: Dienstag 11 - 18 Uhr, Mittwoch 10 - 15 Uhr, Donnerstag 11 - 19 Uhr, Freitag 11 - 18 Uhr, Samstag 9 - 12 Uhr.

Bad Tölz wuchert seit 2017 regelrecht mit dem „Pfund“ Thomas Mann. In der Stadt steht am Ortsrand Richtung Wolfratshausen nämlich die gleichnamige Villa. Vom Schriftsteller 1909 bezogen stellt sie das einzige authentische Haus der Manns im deutschsprachigen Raum dar. Seit Jahrzehnten im Besitz der Armen Schulschwestern schlummert das architektonische Schmuckstück wie in einem Dornröschenschlaf, sprich kaum verändert. Es ist nicht öffentlich zugänglich.

2020 Thomas-Mann-Festival

2017 veranstaltete die Stadt ein Thomas-Mann-Jahr, 100 Jahre, nachdem der Schriftsteller seinen Sommersitz verkauft hatte. Sogar die Lübecker Thomas Mann-Gesellschaft hielt ihre Jahreshauptversammlung im Tölzer Kurhaus ab. 2019 wird ein Weg mit dem Namen des berühmten Sommergastes eröffnet, und 2020 soll ein Thomas-Mann-Festival stattfinden.

Der Zufall verhalf der Stadt 2018 zum Thomas-Mann-Zimmer. Das „Villino“ nahe Starnberg, ein weiterer sommerlicher Arbeitsplatz Thomas Manns, beherbergte den Büchernachlass seiner langjährigen Sekretärin Anita Naef. Nach den Dreharbeiten zum Dokudrama „Die Manns“ von Heinrich Breloer zogen dort auch Filmrequisiten ein, darunter der dem Original nachempfundene Schreibtisch. Alles musste aber im Juni 2018 ausziehen, denn die Eigentümerin, eine Klinik, hat nun anderes mit dem Gebäude vor. Dirk Heißerer, Vorsitzender des Thomas Mann Forums München, hatte das „Villino“ wiederentdeckt und der Öffentlichkeit als kleines Museum zugänglich gemacht. Nach der Kündigung für die Museumsnutzung fand Heißerer rasch Hilfe. Seine Bekanntschaft mit der Stadt Bad Tölz seit dem Thomas-Mann-Jahr 2017 ermöglichte den sofortigen Umzug der Mann-Bibliothek und der Filmrequisiten in die Tölzer Stadtbibliothek. „Innerhalb von nur einer Stunde erhielt ich die Zusage“, berichtete Heißerer glücklich.

Frido Mann hielt bei der Eröffnung des Thomas-Mann-Zimmers eine Rede, noch ganz unter dem Eindruck der Wiedereröffnung des Thomas-Mann-Hauses im kalifornischen Pacific Palisades nur wenige Monate vorher. Er stellte sein neuestes Buch „Das weiße Haus des Exils“ vor, in dem er sich an seine Kindheit bei den Großeltern Katja und Thomas Mann erinnerte. Thomas Manns Familie lebte dort im kalifornischen Exil. 2018 kaufte es die Bundesregierung und baute es zur transatlantischen Begegnungsstätte um. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier leitete den Festakt. Frido Mann nahm Bad Tölz sogar auf in seine transatlantischen Ideen, sprach aber noch von „Träumen“.

Der Kulturreferent der Stadt, Christof Botzenhart, hielt es in seiner Rede „keineswegs“ für vermessen, dass Bad Tölz in der Reihe der namhaften Mann-Orte aufgenommen werde wie Lübeck, München, Nidden, Zürich und Pacific Palisades. „Herr und Hund“, die „Schneesturmszene“ im „Zauberberg“ sowie Teile von „Tod in Venedig“ entstanden in Tölzer Tagen. Kein Gebäude, das mit der Familie Mann verbunden ist, sei noch so authentisch wie die Tölzer Villa. Nun sei es in Bad Tölz möglich, Thomas Mann ganz konkret zu begegnen, „nämlich lesend“.

Foto: Birgit Botzenhart


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