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Historischer Verein Wolfratshausen

Bilderreiche Zeitreise

Von Peter Herrmann

Wolfratshausen, 18.4.2016 – Am Donnerstag, 21. April, kommt es ab 19.30 Uhr im neuen katholischen Pfarrheim am Marienplatz zu einem Heimatabend der besonderen Art. Denn mit Hans Reiser und Ludwig Gollwitzer präsentiert der Historische Verein Wolfratshausen zwei Urgesteine, die anhand von Briefen, Chroniken und Postkarten viel über das Leben in Alt-Wolfratshausen zu berichten wissen. Den musikalischen Teil bestreiten Heini Zapf und seine Auftanzmusikanten.

Die Geschichte der Familie Reiser

Hans Reiser hat die Zeit des Zweiten Weltkriegs und des wirtschaftlichen Aufschwungs der 1950er- und 1960er-Jahre als Kind und später als Bäcker und Geschäftsführer eines Sportartikelgeschäfts miterlebt. Im vergangenen Jahr veröffentlichte der Rentner seine Erinnerungen im Rahmen einer bilderreichen Familienchronik, die natürlich im Mittelpunkt seines Vortrags steht. „Uns geht’s nur deshalb so gut, weil wir schon seit 70 Jahren Frieden in Deutschland haben“, sagt Reiser. Das war nicht immer so. Weil die meisten Zeitzeugen, die Wolfratshausen während des Dritten Reichs und davor bewusst erlebt haben, schon gestorben sind, und es nur wenige authentische Schilderungen über die Zeit zwischen 1853 und 1945 in der Flößerstadt gibt, hat sich der 78-Jährige entschieden, die Geschichte seiner Familie aufzuschreiben. „Was nicht aufgeschrieben ist, wird vergessen, als wäre es nie geschehen“, zitiert Reiser den englischen Schriftsteller Oscar Wilde.

Reiser Urgroßvater Johann Nepomuk Reiser kam 1853 als junger Bäckermeister nach Wolfratshausen. Dort erwarb er für seine Familie das Haus Nummer 269 am Untermarkt. Seinen Bäckerbetrieb übernahm sein Sohn, der 1911 für 13.800 Mark auch das benachbarte Haus kaufte. Später verkaufte er das Gebäude mit geringem Verlust für 13.200 Mark an die damalige Markgemeinde Wolfratshausen, die eine Brücke zwischen Bahnhof und Markt bauen wollte. Das Haus musste deshalb der neu geschaffenen Zufahrt weichen. Hans Reiser berichtet aber nicht nur über die Geschehnisse in der Flößerstadt. Er machte sich auch die Mühe, die handgeschriebenen Briefe seines Vaters in druckreife Form zu bringen. Darin sind dessen Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg beschrieben.  Zudem wird der 78-Jährige zwei Geschichten aus seinem mittlerweile vergriffenen Buch „Sport nach dem Krieg in Wolfratshausen“ vorlesen. Diese Werke haben auch bei Sybille Krafft, Vorsitzende des Historischen Vereins Wolfratshausen, Eindruck hinterlassen. „Da standen Sachen drin, die auch für uns neu waren“, räumte sie bei einem Pressegespräch am Sonntagvormittag im Humplbräu ein. Reiser berichtete darin unter anderem vom Badweiher, der nicht nur 1953 vom Eisclub Wolfratshausen sondern im Sommer auch von schwimmenden Kindern genutzt wurde. „Wir hatten aber manchmal Angst, dass uns die Schlingpflanzen herunterziehen“, gestand der Wolfratshauser.

Eindrucksvolle Postkartensammlung

Der zweite Hauptprotagonist des Abends, Ludwig Gollwitzer, wird am Donnerstagabend zudem aus Briefen vorlesen, die Reisers Vater Johann Nepomuk während seiner Auslandseinsätze im Ersten Weltkrieg an seine Familie schrieb. Und nicht nur das: Der ehemalige Wolfratshauser Kulturreferent zeigt auch 60 historische Ansichtskarten aus der Flößerstadt. Damit jeder der Besucher die Motive gut sehen kann, wurden sie von Bernhard Reisner digitalisiert und vergrößert. „Die Postkarten werden dann auf eine Großleinwand projiziert“, erklärt der zweite Vorsitzende des Historischen Vereins. Freilich sei es schwierig gewesen, eine Auswahl für den Abend zu treffen.

„Jede einzelne Karte lebt für mich“, berichtete Gollwitzer. Denn neben den eindrucksvollen Motiven seien auch die Texte wichtige Zeitdokumente. „Zwischen 1900 und 1930 war Wolfratshausen ein richtiger Touristenort. Die Karten gingen in die ganze Welt“, ergänzte der ehemalige Stadtrat der Bürgervereinigung. Erworben hat er sie zum größten Teil über das Internet. „Da werden manchmal Preise von bis zu 40 Euro für eine Karte verlangt. Ich zahle aber höchstens drei bis fünf Euro“, verrät Gollwitzer. Da die Texte zum Teil noch in der alten Sütterlinschrift verfasst wurden, mussten sie von Hannelore Greiner entziffert und übersetzt werden. Sie wird am Donnerstagabend einen Teil der Postkarten vorlesen. Abgerundet wird die rund anderthalbstündige Veranstaltung durch Kurz-Interviews sowie Auftritten von Heini Zapf und seinen Auftanzmusikanten.

Info: Karten für den Abend „Geschichten aus Alt-Wolfratshausen“ am 21. April im katholischen Pfarrheim am Marienplatz sind für 10 Euro an der Abendkasse erhältlich. Einlass: 19 Uhr, Beginn: 19.30 Uhr.

Fotos: Peter Herrmann


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