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Internationaler Frauentag, Kulturbühne Hinterhalt

Erinnerung an das bewegende Schicksal von Emerenz Meier

Von Peter Herrmann

Gelting, 10.3.2018 – Mit einem Film, einer Lesung sowie musikalischen Einspielungen erinnerten der Historische Verein Wolfratshausen und der Kulturverein Isar-Loisach (KIL) im Rahmen eines abwechslungsreichen Abends in der Kulturbühne Hinterhalt an das Schicksal der in Vergessenheit geratenen niederbayerischen Dichterin Emerenz Meier.

„Frauentag darf nicht einschlafen!“

Dass die Kulturbühne ausverkauft war, übertraf die Erwartungen der Veranstalter. „Der Frauentag darf nicht einschlafen: Er soll politisch sein, aber auch Spaß machen“, erklärte Dr. Sybille Krafft vorab. Ein Versprechen, das die Vorsitzende des Historischen Vereins nur teilweise einhielt. Denn vor allem die Vorführung des Films „Schiefweg“ zeigte eine Kindheit, wie sie sich wohl keiner wünscht. Begleitet von Liedeinspielungen der Musikerin Monika Drasch, die die Texte von Emerenz Meier vertonte, las Christine Noisser zunächst Auszüge aus Briefen, Gedichten und anderen Texten der von 1874 bis 1928 lebenden Autorin vor. Dabei wurde deutlich, dass sie sich schon in jungen Jahren für die Emanzipation einsetzte. Ein Wort, das Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nur die wenigsten Menschen im Bayerischen Wald gekannt geschweige denn verstanden haben dürften. Nach ihrer 1906 erfolgten Auswanderung in die Vereinigten Staaten wartete sie jedoch vergeblich auf die Erfüllung ihrer Träume. Als nahezu mittellose Putzfrau und Fabrikarbeiterin fristete Emerenz Meier ihr Leben. Politisch engagierte Gedichte wie das von Noisser vorgetragene „Der Völkerhirt“, das in einigen Passagen frappierend die Wesenszüge des jetzigen US-Präsidenten Donald Trump vorauszuahnen scheint, blieben die Ausnahme.

Eindrucksvoller Film mit Laiendarstellern

Der im Hinterhalt anwesende Filmregisseur Jo Baier hat sich intensiv mit Meiers Autobiografie auseinandergesetzt. Mit den beiden Filmen „Schiefweg“ und „Wildfeuer“ setzte er ihr Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre ein eindrucksvolles Denkmal. Ersteres Werk, das am Donnerstagabend im Hinterhalt zu sehen war, beschäftigte sich mit der entbehrungsreichen Kindheit von Meier.  Zu sehen waren erschütternde Szenen über die harte Landarbeit, ihren alkoholkranken und gewalttätigen Vater sowie hungernde Nachbarskinder. Das Publikum, darunter größtenteils Frauen fortgeschrittenen Alters, war geschockt und beeindruckt zugleich. „Da soll noch einmal jemand sagen, dass früher alles besser war“, kommentierte eine Besucherin den Film. Regisseur Jo Baier verriet im Gespräch mit Sybille Krafft, dass ihn vor allem die Außenseiterrolle „einer kuriosen Frau“ fasziniert habe. Es sei schwer gewesen, in den 1980er Jahren einen solch aufrüttelnden Film im Fernsehen zu platzieren. „Die Emerenz Meier war doch eine Kommunistin“, lehnte ein Entscheidungsträger die erste Anfrage Baiers ab. Die Hartnäckigkeit des heute 69-Jährigen Regisseurs wurde später mit dem Grimme-Preis belohnt. Dass der Film „Schiefweg“ ausschließlich mit Laiendarstellern besetzt war, machte ihn umso authentischer.

Foto: Peter Herrmann,  Andrea Weber

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