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Familie Flöz "HAYDI!" in der Loisachhalle Wolfratshausen

Grenzerfahrungen in zwei Parallelwelten

von Andrea Weber

Wolfratshausen, 24.2.2016 – Es geht um Flucht und Grenzerfahrungen in diesem Stück, das aktueller nicht sein könnte. Das Maskentheater „Familie Flöz“ war zum dritten Mal zu Gast in der Loisachhalle. Doch anders als bei den bisherigen Auftritten, in denen pantomimische Puppengesichter mit dem typischen Mausprofil die Handlung ohne Worte beschreiben, wird bei dem aktuellen Bühnenstück „Haydi!“ mit Überblendtechnik zwischen Realität und Zeichentrickfilm gewechselt. Die optische Bühneninszenierung war grandios, die Handlung beschreibt zwei Parallelwelten, in denen es darum geht, Grenzen zu ziehen und Grenzen zu überwinden.

Man darf dieses Bühnenstück nicht mit einem unterhaltsamen Theaterabend vergleichen, obwohl rein oberflächlich gesehen auch ein hoher Spaßfaktor geboten war. Es ist vielmehr ein sinnbildliches Gesamtkunstwerk aus höchst raffinierter Überblendung von Licht, Ton, Bild, Film und Requisiten. Die Flözens sprechen nicht und wenn, dann nur in einem Kauderwelsch mit Akzenten verschiedener Sprachen. Die Verständigung funktioniert  rein über die Körpersprache. Die eigentliche Handlung im Kern wird durch Sinnbilder transportiert. Bei diesem Stück gibt es zwei Parallelwelten. Die reale Handlung auf der Bühne fand in einem Großraumbüro eines Großkonzerns statt. Am Kaffeeautomaten beginnt der alltägliche Bürowahnsinn. Das übliche Geplänkel zwischen den Kollegen, Streitereien um Verantwortlichkeiten und dazu das hierarchische Getue der Vorgesetzten. Pures Klischee. Und doch, der tiefere Sinn des Stücks steckt im Detail. E geht um Grenzen und Grenzerfahrungen, solche, die es überall im Leben gibt. Zum Beispiel in Form von Stellwänden im Großraumbüro, von Ausgrenzung am Mittagstisch in der Kantine oder beim Vieraugengespräch zwischen Mitarbeiter und Chef.

Andrés Angulo, Björn Leese und Hajo Schüler spielten die Rollen der Mitarbeiter mit eindrucksvoller Gestik und Mimik und schlüpften für den Übergang zum nächsten Szenenwechsel hinter die Masken ihrer Mausgesichter – quasi wie eine optische Überleitung vom Realen ins surreale Trickfilmgeschehen – in eine schwarz-weiße Parallelwelt. Darin ging es auch um Grenzerfahrungen, anderer Art. Bei einer ärmlichen Almbauernfamilie bahnt sich eine Tragödie an. Es geht um Abschied, Flucht und Tod. Die Hintergrundmusik dramatisiert die Stimmung zusätzlich. Vater und Mutter verlassen Tochter Haydi. Sie bleibt vorerst beim Großvater, einem Art „Alm Öhi“, zurück, der kurz darauf stirbt. Alleine macht sich das Kind auf den beschwerlichen Weg in eine vermeintlich bessere Welt. Angst, Einsamkeit und Ungewissheit breiten sich aus. Grenzen tun sich gefühlsmäßig auf und schüren die Dramatik. Sinnbildlich per Beamer-Projektion schlagen Eisentüren vor dem Kind zu, Maschendrahtzäune im Trickfilm versperren ihr den Weg. Im Bühnenstück der Familie Flöz fehlt schließlich auch das Happy End. Es bleibt also offen, ob sich die Grenzen dieser Parallelwelten je öffnen und der Weg schließlich zusammenführen wird.


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