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Bergwaldbühne Wolfratshausen

Dorfbanditen und andere Gaunergeschichten

Von Andrea Weber

Wolfratshausen, 23.7.2018 – Endlich ist es wieder soweit. Nach sechs Jahren kultureller Stille im Bergwald, ist Leben auf der verwaisten Freiluftbühne wieder erwacht. Mit der musikalischen Oskar-Maria-Graf-Lesung „Dorfbanditen“ mit Gerd Anthoff und den Musikern der Münchner Philharmonie Quirin Willert (Akkordeon/Posaune) und Matthias Ambrosius (Klarinette) begann die neue Veranstaltungsreihe im Juli.

Zwar gibt es keine Tribünenbänke mehr, auch keinen Aperol Spritz in der Pause. Zwar im kleineren Rahmen, dafür gemütlich und lauschig, und nah am Geschehen. Das Motto lautet: Kultur, Picknick, Natur. Die erste Veranstaltung auf der wiedereröffneten Bergwaldbühne war ausverkauft. Im bestuhlten Bereich vor der Bühne nahmen rund 100 Zuschauer Platz.

Die Stimmung ist einfach unschlagbar, wenn die Dämmerung sich über den Wald legt, ein letztes Zwitschern der Vögel zu hören ist und die bunten Spots den alten Baum auf der Bühne illuminieren. Davor saß der Schauspieler Gerd Anthoff am Lesetisch und neben ihm die beiden Musiker, die mit leisen Klangbildern, die Atmosphäre der rezitierten Graf-Geschichten unterstrichen. Die Musik hat Matthias Ambrosius eigens für die Lesung komponiert und mit Elementen berühmter Opern und Operetten arrangiert.

Von charaktervollen Dickschädeln und düsteren Taugenichtsen

Gerd Anthoff las Auszüge aus dem „Tagebuch eines Provinzschriftstellers“ und den „Dorfbanditen“ von Oskar Maria Graf. Mit seiner wandelbaren Stimme schlüpfte er in wechselnde Personenrollen und lies so die Jugendzeit Grafs und sein junges Schriftstellerleben szenisch lebendig werden. Das war ein hartes Leben einst am Starnberger See zwischen Aufkirchen und Berg, mit charaktervollen Dickschädeln und düsteren Taugenichtsen. In Grafs Dorfbanditengeschichten ging es um prekäre Mordfälle und grausame Leichenfunde. Düster und dubios, aber auch mit so typisch bayerischer Gelassenheit beschrieb Graf gruseligste Begebenheiten im Winter im Wald.

„Mit meinen Bauerngeschichten habe ich nicht schlecht abgeschnitten“, schrieb Graf damals als Bewerber an den Verlag. „Die Leute haben das Zeugs schon gefressen“, las Anthoff die Zeilen aus Grafs Brief vor. „Den Namen Maria zwischen Oskar und Graf habe ich mir zugelegt, „weil‘s interessanter klingt“, sprich akademischer laut Grafs Meinung. In den Kurzgeschichten beschrieb der junge Schriftsteller, wie es zuging im Veteranenverein und beschrieb seinen seligen Vater Max, der „bekannt war, als ein unbändiger Flucher“. Er konnte herrlich selbstironisch sein. Wie etwa die beschriebene Szene „im Sonntagsgewand beim Verserl aufsagen“, als er „kläglich versagte“ und die Schulkinder ihn „köstlichen Knirps“ nannten. Oskar Maria Graf beschrieb in seinen Briefen und Geschichten so unverstellt ehrlich seine Familie, die Bauernsleute zu jener Zeit und das harten Landleben am Starnberger See. 

Fotos: Andrea Weber


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