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Gedenkabend in der Loisachhalle

Erinnerungen an die Bücherverbrennung und „entartete Musik“

Von Peter Herrmann

Wolfratshausen, 15. 5. 2019 –  Vor 86 Jahren gingen Bücher von gesellschaftskritischen Autoren in Flammen auf. Zudem verfolgten die Nationalsozialisten zahlreiche Komponisten, deren Werke als „entartete Musik“ bezeichnet wurden.  Damit sich solche Vorkommnisse nie wiederholen, richten der Historische Verein Wolfratshausen, der Kulturverein Isar-Loisach (KIL) und der Verein Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald im Zweijahresrhythmus einen Gedenkabend mit vielen Prominenten und Schülern aus. Dass heuer erneut rund 400 Besucher in die Loisachhalle kamen, freute die Veranstalter besonders.

Waldramer Grundschüler eröffnen den Abend

Am 10. Mai 1933 wurden in 22 deutschen Universitätsstädten die Werke jüdischer, marxistischer und pazifistischer Schriftsteller in der Öffentlichkeit verbrannt. Und nicht nur das: In Flammen gingen damals auch Notenpapiere der Komponisten Arnold Schönberg, Kurt Weill und Igor Strawinsky auf. Letzterer schuf mit dem „Feuervogel“ ein Ballett, das am Freitagabend den Gedenkabend eröffnete. Kinder der Grundschule Waldram hüpften in gelb-roten Kostümen über die Bühne und wurden dafür mit reichlich Applaus belohnt. Danach kündigten die beiden Moderatorinnen Assunta Tammelleo und Dr. Sybille Krafft mit erklärenden Einleitungen beziehungsweise Kurz-Interviews die folgenden Programmhöhepunkte an. So erfuhr das Publikum zum Beispiel von der in Icking lebenden Jazz-Legende Klaus Doldinger, das ihn schon als Kind die Musik amerikanischer Besatzungssoldaten faszinierte.

Weitaus düsterer klang dagegen das von Herbert Zipper komponierte Dachau-Lied in der Interpretation von Wolfratshauser Realschülern. „Stacheldraht mit Tod geladen, ist um unsere Welt gespannt. Drauf ein Himmel ohne Gnaden sendet Frost und Sonnenbrand“, heißt es dort am Anfang. Nicht weniger erschütternd waren die von der bekannten bayerischen Schauspielerin Ilse Neubauer („Die Hausmeisterin“) vorgelesenen Texte zur Reichskristallnacht. Da tat es gut, dass der 13-jährige Waldorfschüler Felix Lorenz zwischendurch ein Musikstück von Felix Mendelsson Bartholdy zum Besten gab. Nach Claus Steigenbergers Lesung aus Lion Feuchtwangers Bestseller „Exil“ und einer beschwingten Darbietung der Kinderoper „Brundibár“ durch die Musikschule Wolfratshausen gönnten die Veranstalter den Besuchern ein halbstündige Verschnaufpause, in der sich die vielen optischen und akustischen Eindrücke gut verarbeiten ließen.

Von Mackie Messer bis Coco Schumann

Die international renommierte Jazzerin Stephanie Lottermoser leitete dann mit der Moritat von Mackie Messer aus der von Kurt Weill komponierten Dreigroschenoper die zweite Halbzeit ein. Es folgten eine anspruchsvolle Zwölfton-Performance der Mittelschule Geretsried und ein pantomimischer Parforceritt des Ickinger Künstlers Peter Spielbauer, der mit seinem mitgebrachten Beil ein Buch zerhackte. Den Werken von Bertolt Brecht und Kurt Weill widmeten sich anschließend Ickinger Gymnasiasten und Wolfratshauser Mittelschüler. Ungewohnt ernst präsentierte sich danach die Schauspielerin Marianne Sägebrecht, die begleitet von der Geigerin Andrea Schumacher, Szenen aus dem dadaistischen Stück „Kaspar ist tot“ von Hans Arp vortrug. Als Geretsrieder Gymnasiasten und Realschüler gemeinsam mit ihren Lehrerinnen abschließend den Coco-Schumann-Evergreen „Bei mir bist du schön“ sangen, zeigte sich auch Schirmherr und Bürgermeister Klaus Heilinglechner ergriffen. „Ich bin überwältigt, dass Ihr den Gedenkabend so unterhaltsam präsentiert habt“, lobte er alle Beteiligten. Der Erlös der Veranstaltung kommt dem Erinnerungsort Badehaus zugute. In der Gedenkstätte am Waldramer Kolpingplatz wird unter anderem an das Schicksal von Überlebenden des Holocaust erinnert.

Foto: Peter Herrmann, Andrea Weber


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