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Erinnerungsort Badehaus, Wolfratshausen-Waldram

Fluchtgepäck mit Aussagekraft

Von Peter Herrmann

Wolfratshausen/Waldram, 24.7.2019 – Seit vier Jahren zeigt das Haus des Deutschen Ostens in verschiedenen Städten die Wanderausstellung „Mitgenommen – Heimat in Dingen“. Nun wurden die Exponate und Schautafeln mit den Erinnerungsstücken von Flüchtlingen erweitert, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Waldram beziehungsweise im damaligen Lager Föhrenwald ankamen. Bei der feierlichen Eröffnung am Erinnerungsort erklärten Mitglieder des Vereins Bürger für Badehaus Waldram-Föhrenwald die emotionale Bedeutung des Fluchtgepäcks.

Eindrucksvolle Zeitzeugeninterviews

Vor allem alteingesessene Waldramer Bürger waren aufgerufen, das damalige Fluchtgepäck ihrer Eltern oder Großeltern leihweise zur Verfügung zu stellen. Die Bedeutung der Alltagsgegenstände, die in verschiedenen offenen Holzkisten liebevoll zusammengestellt wurde, erschloss sich bereits bei der Vernissage am Sonntagabend.

Nach der musikalischen Eröffnung der Waldramer Sängerinnen bekamen die rund 100 Besucher zunächst Zeitzeugeninterviews zu sehen, die Badehaus-Vorsitzende Dr. Sybille Krafft zuvor mit dem Ickinger Dokumentarfilmregisseur Rüdiger Lorenz gedreht hatte „Morgens mit 50 Kilo im Gepäck zum Zug, und dann ging's ab“, erinnerte sich Alois Brustmann. Denn mehr durften die Vertriebenen aus dem deutschsprachigen Gebieten im heutigen Polen, Rumänien, Ungarn oder Tschechien nicht mitnehmen.

Manch einer hat die verbliebenen Sachen, die zur Überschreitung der zulässigen Obergrenze führten, auch noch schnell vergraben. „Meine Großmutter wollte zuerst gar nicht mitkommen“, berichtete Erna Schuppan. Als man ihr erklärte, dass sie dann ihre Familienmitglieder wahrscheinlich nie wiedersehen würde, nahm die betagte Frau doch den weiten Weg auf sich. Wie Prof. Dr. Andreas Otto Weber in seinem anschließenden Kurzvortrag erläuterte, war solche ein Schicksal in der Nachkriegszeit kein Einzelfall. „Etwa 12 Millionen Menschen mussten die ehemaligen deutschen Gebiete in Osteuropa verlassen“, rechnete der Direktor des Hauses des Deutschen Ostens vor. Er freute sich, dass die bereits vor einigen Jahren zusammengestellte Wanderausstellung vom Badehaus-Verein nun um lokale Exponate erweitert wurde.

Tabakschneider, Geige und Brautkranz

So stellte der stellvertretende Vorsitzende Emanuel Rüff einen Tabakschneider und eine Uhr aus dem Fluchtgepäck der Waldramer Familie Püschel vor. Dr. Sybille Krafft präsentierte einen Hochzeitskranz der Familie Beilner, der nun zusammen mit einer Transportkarte und einem Schwerbehindertenausweis ein interessantes Arrangement bildet. Elena Zendler erschien sogar in einem historischen Kleid einer Geflüchteten. Erst wenige Tage vor der Ausstellung erhielt der Badehaus-Verein eine wertvolle Geige. Sie war im Besitz des im Krieg gefallenen Piloten Joseph Wagner und wurde von deren Frau und seiner Tochter mitgenommen. Über Umwege landete das Instrument in Waldram und zieht nun als eine von vielen Sehenswürdigkeiten die Blicke der Besucher auf sich.

Info: Die in Kooperation mit dem Haus des Deutschen Ostens zusammengestellte  Sonderausstellung „Mitgenommen – Heimat in Dingen“ ist noch bis zum 22. September im Gartengeschoß des Badehauses am Kolpingplatz zu sehen.

Kontakt: info@remove-this.erinnerungsort-waldram.de  oder Tel. 0 81 71/2 5725 02

Fotos: Peter Herrmann


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