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Sebastian Reich und Amanda in der Loisachhalle Wolfratshausen

In den einfachen Dingen liegt das Glück

Von Benjamin Engel

Wolfratshausen, 20.2.2018 – „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.“ So klingt die weltberühmte Liedmelodie aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss. Für ihre Suche nach dem Glück hat sich Amanda den Text kurzerhand ausgeliehen und schmettert diesen Satz als wiederkehrenden Refrain ihres zentralen Liedes. Darauf reagiert das Publikum in der voll gefüllten Wolfratshauser Loisachhalle am Samstagabend mit begeistertem Applaus. Um die Besucher zum Lachen zu bringen und damit glücklich zu machen, bräuchte Sebastian Reich aber statt sogar zu singen eigentlich nur gemeinsam mit Amanda auf die Bühne zu kommen. Das plüschige Nilpferd ist die Sprechpuppe des Würzburger Bauchredners, der durch seine Auftritte bei der Fastnacht in Veitshöchheim weit über Franken hinaus bekannt geworden ist.

Wie erstrebenswert das Glück in der heutigen Gesellschaft ist, zeigt schon ein kurzer Blick auf die boomende aktuelle Ratgeberliteratur zu diesem Thema. Auf die Suche danach macht sich jedenfalls auch Sebastian Reich in seinem aktuellen Programm „Glückskeks“. Und zumindest während seines Auftritts in der Loisachhalle können die Besucher diesem Zustand nahekommen und ihre Alltagssorgen für etwas mehr als zwei Stunden einfach vergessen. Dafür braucht der gelernte Bäcker und Konditor keine intellektuell ausdifferenzierte Glücksphilosophie auszuarbeiten. Es reicht eben schon, dass er mit Amanda auf die Bühne kommt. Aus dem Off kündigt die Stimme von Wolfgang Krebs alias Horst Seehofer den Auftritt von Amanda und Sebastian Reich an – und der Streit ist schon programmiert. Denn die Ansage gefällt Amanda überhaupt nicht. Jetzt denke womöglich jeder sie seien verheiratet, mokiert sich das freche Nilpferd. Und darauf hat es keine Lust. „Ich werd‘ doch niemals `nen Kerl heiraten, der mit Puppen spielt“, erklärt Amanda. Bei so viel Selbstironie kann das Publikum einfach nur lachen.

Amandas Sicht auf das Glück

Die Nilpferddame Amanda hat jedenfalls ihre ganz eigene Sicht auf das Glück. Zwei Worte identifiziert sie, die jedem im Leben alle Türen öffnen, „ziehen und drücken“. Für Sebastian Reich hat sich die Handpuppe ebenfalls als Glücksfall erwiesen. Seit er vor sieben Jahren erstmals in der im Fernsehen übertragenen Fastnachtssitzung aus Veitshöchheim aufgetreten ist, hat Amanda ein echtes Eigenleben entwickelt. Wie er selbst bekennt, sei das Nilpferd einfach „immer da“. Und das selbst abseits der Bühne, im ganz normalen Alltag bis hin zum Einkaufen. Gehe er durch die Fußgängerzone, höre er zwei Sätze fast immer, erzählt er. Entweder heiße es „Des is a“ oder „Ja, wo isse denn“. Am Flughafen habe er Amanda im Handgepäck mitgenommen. Die Zollbeamten hätten wissen wollen, was in seiner Tasche sei. Darauf habe er geantwortet, dass dort ein Nilpferd sei und Amanda gleich einmal rufen lassen: „Hilfe ich bin gefangen.“ Darauf hätten ihn die Beamten sofort in einen separaten Raum abgeführt. „Ich bin als illegaler Tierschmuggler rein und als bekloppter Puppenspieler wieder raus“, schließt Reich.

Mit dem anekdotenreichen Programm macht der Bauchredner sein Publikum glücklich. Und das bezieht er in die Show wiederholt ein. So hat er auf jeden Stuhl extra eine Karte auslegen lassen, auf der die Gäste notieren sollen, was sie glücklich macht. Kurz vor und nach der Pause zieht er die Karten aus einer Box und liest vor. Zwei junge Besucher – Brüder – haben sich gegenseitig ein Selfie mit Amanda gewünscht. Und das bekommen sie noch während der Show, weil Reich sie sofort auf die Bühne bittet. So einfach kann – zumindest kurzfristig – das Glück sein. Das ist übrigens bei Reich gar nicht so verschieden. Ganz persönlich habe ihn das im Vorjahr erschienene Rezeptbuch „Amandas Backträume“ glücklich gemacht, verrät er. Schließlich sei er gelernter Bäcker und Konditor.

Herr Esel und Glücksschwein Pig Nick

Amanda ist der unbestrittene Star im Puppen-Kosmos von Sebastian Reich. Doch die Zahl der Charaktere reicht weiter. „Herr Esel“ taucht auf und erweist sich als plumper Party-Gag-Possenreißer. Was ein Cowboy ohne Pferd sei, fragt er und beantwortet das gleich selbst „Ein Sattelschlepper, natürlich“. Und auf dem Grabstein eines Bäckers stehe „Der Ofen ist aus“. Das sind zugegeben eher Witze der flacheren Sorte. Das Publikum lacht trotzdem begeistert mit. Und dann sind da noch ein greisenhaft gealterter Liebesgott Amor mit klapprigem Körper und weißem Rauschebart, der der ewigen Single-Nilpferddame beim Verkuppeln hilft. Ein echter Höhepunkt ist auch der Auftritt von Marzipan-Glücksschwein Pig Nick. „Was mich ganz besonders traurig macht, ich habe noch nie Glück gebracht“, singt es herzzerreißend und erinnert an die Unternehmen, für die es schon einmal als Glücksbringer diente – Air Berlin, Volkswagen und den Münchner Fußballverein TSV 1860 München.

Wie Reich seinen Figuren eine individuell unterschiedliche, plastische Lebendigkeit verleiht und sie dann auch noch singen lässt, ohne dass eine Mundbewegung zu erkennen ist, kann allein schon faszinierend sein. Wie er das bloß macht, wäre spannend zu wissen. Am Ende des kurzweiligen Abend steht jedenfalls eine Erkenntnis: In den scheinbar einfachen Dingen liegt manchmal schon das Glück.

Fotos: Benjamin Engel


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