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Loisachhalle

Viel Slapstick, Wortwitz und Bühnen-Klischees

Von Benjamin Engel

Wolfratshausen, 28.11.2017 – Was Alexander Liegl in den tosenden Schlussapplaus spricht, klingt fast bedrohlich. „Es gibt noch einen vierten und fünften Akt“, witzelt der Schauspieler. Das würden aber wohl weder das Ensemble um Regisseurin Gabi Rothmüller noch die Zuschauer in der Wolfratshauser Loisachhalle durchhalten. Das Publikum nicht, weil es in dem temporeichen Dreiakter „Der nackte Wahnsinn“ des britischen Autors Michael Frayn kaum noch aufhören kann zu lachen. Und die Schauspieler bringt das „Stück im Stück“ auch körperlich an ihre Grenzen. Sie rangeln, gehen mit allerlei Gerätschaften aufeinander los und sprinten auf der Bühne immer furioser hin und her – ein anarchischer und furioser Theaterabend mit viel Slapstick, Wortwitz und dem genüsslichen Spiel mit Bühnen-Klischees.

Für die Schauspieler ist der Auftritt am Freitag in Wolfratshauen besonders. Denn sie treten zum 100. Mal mit dem Stück auf. Und mit dieser Leistung werden wohl noch einige Aufführungen dazukommen.

Tritte ans Schienbein inklusive

In den drei Akten der mit dem Laurence-Olivier-Preis ausgezeichneten Boulevard-Komödie führt Frayn die Irrungen und Wirren einer Theatertruppe vor. Im ersten begegnet das Publikum den Schauspielern bei der Generalprobe. Der Satz „Kaum hat man es sich gemütlich gemacht, schon bricht der Teufel los“ steht programmatisch für das, was folgen wird. Schon jetzt gerät vieles chaotisch. Im zweiten Akt werden die Kulissen einfach umgedreht. Das Geschehen hinter der Bühne wird aufgeführt. Jetzt treten die Unterschiede zwischen den Bühnen- und Darsteller-Persönlichkeiten erst so richtig zutage. Diverse amouröse Beziehungen zwischen den Beteiligten legen die zerrütteten Beziehungsverhältnisse bloß. Sogar mit einer Axt wird aufeinander losgegangen. Der dritte Akt spielt ein paar Monate später. Der Auftritt auf der Bühne entwickelt sich für die Schauspieltruppe endgültig zur Farce. Die Einsätze stimmen endgültig nicht mehr und die Spannungen zwischen den Darstellern werden nur noch mühsam kaschiert – Tritte ans Schienbein inklusive.

„Spaß muss sein“

So gut es eben noch geht, versucht der Regisseur Llyod Dallas (Thomas Wenke) die Fäden des Stücks „Spaß muss sein“ zusammenzuhalten. Doch darin wirkt er zunehmend überfordert, fängt an die Darsteller anzubrüllen und greift schließlich selbst zur Whisky-Flasche. Hinzu kommt noch Beziehungschaos. Denn Lloyd liebt Brooke (Julia Loibl), die im Stück die Vicky als künstlich überdrehtes sexy Dummerchen gibt. Doch da ist noch die Verflossene von Llyod, seine Regie-Assistentin Poppy. In deren Rolle schlüpft Gabi Rotmüller selbst. Alexander Liegl spielt den zu Nasenbluten neigenden Frederick. Der erst noch einfühlsame Garry (Ferdinand Schmidt-Modrow) wird zunehmend eifersüchtig. Die beiden konkurrieren um Dotty. Constanze Lindner begeistert als schrille Bellinda. Das Tableau vervollständigt Norbert Heckner – von früheren Nockherbergdarstellungen als früherer CSU-Chef Erwin Huber in Erinnerung – in seiner Rolle als leicht verwirrter, dem Alkohol zugetaner Mr. Selsdon. Den Bühneninspizienten Tim verkörpert Johann Anzenberger.

Zwischen allen entwickelt sich bald ein ständiges Hauen und Stechen. Ständig wirbelt und hetzt jemand durch eine der sechs Bühnentüren, schlägt sie mit lautem Krachen zu. Das erfordert präzises Timing, das die Schauspieler in Wolfratshausen gekonnt zeigen. Bei allen Handlungsvolten müssen sich die Zuschauer konzentrieren, um den Überblick zu behalten. Doch das temporeiche Spiel mit Finesse belohnt das Publikum mit lautstarkem Gelächter und Szenenapplaus.

Fotos: Benjamin Engel


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