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16.10.2010

Durch Kunst zur heiteren Seelenruhe

Durch Kunst zur heiteren Seelenruhe - „tranquillitas animi“ – Ausstellung „KunstWerk“



Es ist ein kleines, feines Jubiläum: Zum zehnten Mal zeigen führende Künstler im Kraftwerk am Mühlbach im Kreuther Ortsteil Weissach aktuelle Arbeiten. Die Ausstellung „KunstWerk“, die sich längst als Pflichttermin für Kunstbegeisterte im gesamten Oberland etabliert hat, wird einmal mehr durch das maßgebliche Engagement der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee ermöglicht. Partner auf der Veranstalterseite ist das E-Werk Tegernsee.

„Nach der aufgeregten Zeit der Krise, in der viele teils aus Notwendigkeit, teils aus Verunsicherung heraus in die Aktion und das Außen gegangen sind, ist es nun an der Zeit, inne zu halten“, sagt die Malerin und Bildhauerin Ursula-Maren Fitz, welche die zehnte KunstWerk-Ausstellung unter dem Leitgedanken „tranquillitas animi“ kuratiert.


Was Seneca einst als „Seelenruhe“ beschrieb, ist der heitere Zustand innerer Freiheit und Ausgeglichenheit, der nötig ist, um sich zu sammeln und neu auszurichten. Deshalb werde in der Ausstellung KunstWerk, vom 16. bis 17. Oktober 2010 im Kraftwerk am Mühlbach im Kreuther Ortsteil Weissach, nicht das vordergründig Laute zu Wort kommen, sondern Ruhiges, Leises, Ausgeglichenes, dessen Substanz sich erst auf den zweiten Blick erschließe, beschreibt Fitz den gemeinsamen Nenner der Exponate, die in der Zusammenschau korrespondieren und sich in ihrer Intensität unterstützen.

In der Neuen Werkhalle sind das gravitätische Aquarelle von Herbert Beck. Arbeiten, die farblich, obgleich gewohnt kraftvoll, in sich gekehrt sind und die unbekanntere Seite des international erfolgreichen Malers aus Tegernsee zeigen. Direkt daneben die Radierungen des Grafikers Jürgen Dreistein, der in seinen aufwendigen Arbeiten eigenwillig Pflanzen und Tiere in Stützkorsetts fixiert und mit Verbänden versieht, um zu ermahnen, dass auch der Mensch Teil der Natur ist (er stellt während der Ausstellung Drucke von einer seiner Platten her.) Wie aus dem Nichts tauchen vis-á-vis die zauberhaft-ätherischen Objekte aus Naturmaterialien von Charlotte Vögele auf: So real die Rohstoffe sind, aus denen sie hergestellt sind, so surreal nehmen sich die Schuhe aus getrockneten Mondviolen, ein Kleid aus Birkenrinde oder ein Mantel aus Kiefernnadeln aus, wenn sie neben den phantastischen, an Traumsequenzen erinnernden, großformatigen Zeichnungen von Ecki Kober von der Decke hängen oder - wie aus der Erde geworfen – auf ihren Podesten ruhen. Wie die anderen Exponate scheinen auch sie um die wahrhaftigen und bis auf ihre Essenz reduzierten Skulpturen der bereits 2005 verstorbenen Valleyer Künstlerin Karin Saalmann zu tanzen.

Der Schlüssel zur Ausstellung ist der Faktor Zeit

Die Besucher können sich jenseits einer Ausstellungsdramaturgie von einem Künstler zum anderen treiben lassen und dabei sowohl in deren Arbeiten als auch in sich selbst hineinspüren. Inmitten der Lichtinstallationen von Georg Trenz, welche die Werkstatt zu einem schier extraterrestrischen Ort machen, werden die Ausstellungsgäste ebenso auf sich selbst zurückgeworfen wie in der Begegnung mit den monumentalen Holzplastiken von Josef Lang. Im Außenbereich empfangen seine vordergründig heiteren Riesen die Besucher und fordern auf, die Gefühle hinter der offensichtlich, plakativen Farbigkeit zu entdecken. „Der Schlüssel zur Ausstellung ist der Faktor Zeit“, empfiehlt die Kuratorin. Wie sich die Künstler, entkoppelt vom Zeitgefühl, in ihre Arbeiten vertieft hätten, sollten sich auch die Betrachter darauf einlassen, um zu jenem seelischen Gleichgewichtszustand zu gelangen, wie ihn Seneca beschrieb.

„Mit einem solchen Impetus zählt auch diese KunstWerk wieder zu den spannendsten Ausstellungen des Jahres“, freut sich Georg Bromme, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, die als Hauptsponsor des künstlerischen wie gesellschaftlichen Ereignisses ihrer Verbundenheit mit der Region sichtbaren Ausdruck verleiht. Gemeinsam mit dem E-Werk Tegernsee zieht das größte Kreditinstitut im Landkreis jeden Herbst Kunstbegeisterte aus der ganzen Region in das außergewöhnliche Ambiente der Industrieimmobilie, die dann für zwei Tage mit regelmäßig mehr als eintausend Besuchern zum Kunstzentrum schlechthin avanciert.

Die KunstWerk-Ausstellung im Kraftwerk am Mühlbach, im Kreuther Ortsteil Weissach (Mühlbachweg/Hammerschmiedstraße) ist am Wochenende 16. und 17. Oktober jeweils von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.


Die Künstler im Portrait  -  H E R B E R T  B E C K

Herbert Beck gilt als der bedeutendste Aquarellist seiner Generation. Fasziniert vom Geheimnis der intensiven Farbkraft in Arbeiten von Emil Nolde, den er persönlich kannte, begann Beck seine eigene Aquarell-Technik zu entwickeln. Der Tegernseer malt auf dickem Aquarell-Papier, nass in nass, vorzugsweise mit tiefen und ruhigen Farben, die gelegentlich jedoch die Intensität von Emaillefarben bzw. eine starke „innere“ Leuchtkraft aufweisen. Die Farbübergänge sind weich und harmonisch; sie verleihen seinem Werk oft eine träumerische Qualität. Beck zieht seine Inspiration für die Aquarelle zugleich aus seiner eigenen Vorstellung wie auch aus der Realität. Seine Sujets reichen von Landschaften und Blumen bis zu figurativen Kompositionen. Der Künstler lässt seine Erfahrungen und sein künstlerisches und technisches Wissen aus nun mehr fast siebzig Jahren in sein Werk einfließen.


Herbert Beck (*1920, Leipzig), besuchte nach seiner Ausbildung zum Goldschmied die Zeichenklasse von Prof. Max Schwimmer in der Kunstgewerbeschule für Graphik und Design in Leipzig. Während des Militärdiensts in Russland (1940-45) entstehen erste freie Zeichnungen und Aquarelle. Bei seiner ersten Einzelausstellung 1949 in der Galerie Commeter in Hamburg trifft er Emil Nolde, dessen Arbeiten ihn faszinieren. Herbert Beck beginnt sich verstärkt mit der Aquarell-Malerei zu beschäftigen. Es folgen europaweit Einzelausstellungen bis es 1984 zu einer Zäsur kommt: Durch das ständige Einatmen von Terpentin, das er zur Verdünnung der Ölfarbe einsetzt, erkrankt er schwer und kann über ein Jahr nicht arbeiten. Nach seiner Genesung gibt er die Ölmalerei auf und widmet sich ausschließlich dem Aquarellieren. Sein Malstil wird freier und expressiver. Es folgen weltweit Einzelausstellungen; u.a. in London, New York, Los Angeles und Japan.


Die Künstler im Portrait  -   J Ü R G E N    D R E I S T E I N

Die nahezu auf reines Schwarzweiß reduzierten Zeichnungen und Radierungen Jürgen Dreisteins zeigen keine Idylle, sondern eine Welt, die nur bedingt heil ist. Da gibt es einen Kolibri, der in einem prothesenartigen Korsett mit Tapes und Spiralfedern mehr an eine Maschine, denn an einen Vogel erinnert. Und auch die welkende Sonnenblume braucht einen mechanischen Stützapparat. Die von Dreistein dargestellte Natur, zu der auch der Mensch gehört, ist versehrt. Diese Problematik spürt man instinktiv, wenn er Fundstücke und Geräte des Alltags verarbeitet und damit neue Zusammenhänge aufgreift.

Seit Beginn seines Studiums an der FHS Köln im Fachbereich Freie Kunst setze sich Jürgen Dreistein (* in Rheinhausen) mit dem Zusammenhang aus Technik, Mensch und Natur und der darin bestehenden Problematik auseinander. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre bezog er sein künstlerisches Engagement aus dem generellen Aufbruch- und Freiheitsanspruch seiner Generation. Dreistein interpretierte mit bildnerischen Mitteln die schnell fortschreitenden Veränderungen in neuen Lebens- und Arbeitsräumen, um so die bestimmende Wirklichkeit zu definieren. Mit seinen Zeichnungen und Radierungen war er in zahlreichen regionalen, bundesweiten und internationalen Ausstellungen vertreten; u.a.im Ministerium für Wirtschaft, Düsseldorf, in der Galerie Karstadt, Köln, im Pratt Graphics Center, New York.
KunstWerk 2010 – Die Künstler im Portrait


Die Künstler im Portrait  -   E C K I     K O B E R

„Kunst ist: Äußeres suchen, um Inneres zu finden, der Prozess zwischen Eindruck und Ausdruck, das kreative Produkt aus Raum, Zeit und Farbe“, sagt Ecki Kober und vertieft sich mit Blei- und Buntstiften in großformatige Zeichnungen, in denen trotz des harmonischen Ersteindrucks nichts stimmt. Da fehlt ein Tischbein oder es ist eine Linie oder Perspektive, die den Betrachter bei näherem Hinsehen irritiert. Kobers Zeichnungen, in denen oftmals Ahornblätter als Symbol der Vergänglichkeit zu finden sind, werfen Fragen auf: Und zwar immer zuerst an der Stelle, wo das Bild am farbigsten leuchtet.

Ecki Kober (* 1952) stellte seine Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde bereits während seines Studiums der Soziologie und Psychologie (1976-83) aus, u.a. in Paris, Monte-Carlo und im Haus der Kunst in München, 1985 auch im Panorama de la Peinture Contemporaine in New York. Seit 1988 konzentriert er sich auf das Thema Farbe, zu dem er sagt: „Farbe bekennen … Dinge auf den Punkt bringen, aufs Wesentliche reduzieren. Das schafft Identität. Die Schritte dorthin ziehen eine Linie, wenn auch keine gerade. Denn Farbe hat Leidenschaft, sie bewegt. Farbe erklärt nicht, sie wirkt.“ Seit 20 Jahren gehören auch Objekte zu seinem Schaffen.



Die Künstler im Portrait  -   K A R I N    S A A L M A N N

„Die ruhende harmonische Form in all ihren Skulpturen war nicht Ausdruck ihres Wesens, vielmehr Ausdruck ihrer legenslangen Sehnsucht nach Ruhe und Harmonie“, heißt es in einem Katalogtext zu Saalmanns Plastiken. Diese scheinen so leise und in sich ruhend wie sie sind, beinah organisch. Sie sind auf ihre Essenz reduziert und haben dadurch etwas Wahrhaftiges, Immer-Gültiges.

Karin Saalmann (* 1938 in Neidenburg/Ostpreußen + 2005) wurde als Tochter von Alexander Michailowitsch Prinz Gortschakow, St. Petersburg und der Theaterwissenschaftlerin und Schauspielerin Elisabeth Radtke geboren. Als Karin Saalmann zwei Jahre alt ist, wurde ihr Vater von der Gestapo verhaftet und hingerichtet. Nach einer dramatischen Flucht lebte die Familie später in Weißenfels. Ab 1956 studierte Karin Saalmann an der Akademie der Bildenden Künste in München Malerei und Bühnenbild. Sie arbeitete und lebte ab 1960 mit dem Kunstmaler Peter Loew in einem Schwabinger Atelier, wo viele Bilder und Skulpturen entstanden. Karin Saalmann gewann eine Reihe von Wettbewerben. Aus gesundheitlichen Gründen zog sie 1983 in den Süden von München, in das große Pfarrhaus in Unterdarching/Valley. Sie hatte dort ein Atelier und im Dachgeschoss einen riesigen Ausstellungsraum. Hier wurde die große Granitskulptur für das neue Münchener Polizeipräsidium geboren. 2009 wurden ihre Werke posthum in Valley ausgestellt.
KunstWerk 2010 – Die Künstler im Portrait


Die Künstler im Portrait  -   G E O R G     T R E N Z

Georg Trenz integriert den Besucher in seine Lichtinstallationen, denen eine Wort-Botschaft zu eigen ist: Je nachdem, wo sich der Besucher im Raum aufhält oder bewegt, deckt er bestimmte Lichtstrahlen ab und die Projektionen verändern sich. Damit werden versteckte Botschaften sichtbar und der Besucher zum Teil der Botschaft und des Kunstwerks, dem er sich übereignet. Faszinierend.

Georg Trenz (* 1962, München) studierte (1982 –86) an der FH München künstlerisch–ästhetisches Kommunikationsdesign, dem folgte ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste München. Seit 1999 arbeitet er als Dozent für Gestaltungsgrundlagen an verschiedenen städtischen Meister- und Technikerschulen in München. Seine Lichtinstallationen waren u.a. zu sehen bei Fürstenfeld im Licht, der Brucker Kulturnacht, der langen Nacht der Musik in München und bei der Luminale 08 in Frankfurt. Er erhielt den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung, den Kunstpreis des Landkreises Fürstenfeldbruck, den Förderpreis der Jürgen Ponto-Stiftung und des Landkreises Fürstenfeldbruck sowie den Debütantenpreis der Akademie der Bildenden Künste.


Die Künstler im Portrait  -   C H A R L O T T E     V Ö G E L E

„Mich faszinieren vor allem die einfachen Materialien, die in der Natur massenhaft vorkommen, an denen man aber meist achtlos vorbeigeht“, sagt Charlotte Vögele. Mit ihren Objekten, Skulpturen und Installationen ist sie eine Meisterin im Spiel mit der Verfremdung. Denn sie bringt Dinge des Alltags in Verbindung mit Materialien, mit denen sie normalerweise nicht zusammengehören, meist Pflanzenteilen aus der heimischen Natur. Ihre Mäntel aus Fichtennadeln, Kleider aus Birkenrinde, Schuhe aus den Schuppen von Fichtenzapfen oder getrockneten Silberlingschoten wirken märchenhaft surreal. Wie ein Beweisstück aus einer parallelen Dimension.

Charlotte Vögele (* in Ummendorf) absolvierte das Studium der Blumenkunst in Weihenstephan und ist seit 1987 an der Fachschule für Blumenkunst als Dozentin tätig. Sie ist Mitglied der GEDOK München und des Berufsverband Bildender Künstler. Ihre Kunstwerke waren u.a. bereits bei Artmeetsfashion in München, im Rosenmuseum in Bad Nauheim-Steinfurth und bei der „Formart“ Stuttgart zusehen.


Die Künstler im Portrait  -   J O S E F    L A N G

Wohl wegen des monochromen Farbüberzugs oder der Materialfarbe in kräftigem Rot, Grün, Blau oder Gelb erscheinen Josef Langs Skulpturen – die Kleinplastiken wie die bis zu vier Meter hohen Großskulpturen – auf den ersten Blick wie zu Figur gewordenen Strichmännchen von Keith Haring. Doch sie sind mehr als groß, bunt und lustig: Sie haben Seele und zeigen hinter ihrer Plakativität und Größe auch Gefühle und Verwundbarkeit. In ihrem formelhaft auf eine Gebärde reduzierten Ausdruck wirken sie wie Betrachter ihrer Umwelt, die Raum, Zeit und Schicksal mit den Menschen in ihrer Umgebung teilen, versunken in einer Selbst- und Weltbefragung. Josef Langs Skulpturen sind damit ein Spiegel ihrer Betrachter.

Josef Lang (* in Bad Tölz) absolvierte nach einer kaufmännischen Lehre und Tätigkeit sowie einer Steinmetzlehre ein Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste, München. 1986 gründete er die „Werkstätten Bereiteranger 15“ und lebt und arbeitet seither als freischaffender Bildhauer in München und Denklingen (Kreis Landsberg a. Lech). Seine Arbeiten sind im öffentlichen wie im privaten Raum zu finden; u.a. im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, diversen kirchlichen Einrichtungen, vor dem Nemetschek-Haus in München Riem und im GEHAG-Forum in Berlin. Durch zahlreiche Ausstellungen in ganz Deutschland und Italien sowie Auszeichnungen und Stipendien ist sein Oeuvre präsent.

Veranstaltungsort

Kraftwerk am Mühlbach
Mühlbachweg
83708 Kreuth

Für die Inhalte der Veranstaltungen tragen die jeweiligen Veranstalter die Verantwortung.

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