Pop Art mit Orangenduft
Pop Art mit Orangenduft
Orangenpapiere aus der Sammlung Buchheim
Bis 26. Februar 2012
Für Lothar-Günther Buchheim, der in den 1950er, 1960er und auch noch in den 1970er Jahren jedes Orangenpapier, das ihm über den Weg lief, sorgfältig glatt strich und in Alben bewahrte, waren die Bilder, die auf die federleichten Einwickelpapiere von Zitrusfrüchten gedruckt wurden, Pop Art im besten und ursprünglichsten Sinn.
Im Buchheim Museum der Phantasie wird nun eine Auswahl von rund 200 der buntfarbenen „Miniaturplakate“ gezeigt, mit denen vorwiegend sizilianische und spanische Exporteure im deutschen Sprachraum für ihre fruchtige Ware warben. Wer schlichte Bildchen von Früchten erwartet, wird überrascht sein. Nicht nur von der Originalität und der graphischen Qualität der Papiere, sondern vor allem von der Vielfalt und der Thematik der Motive. Freilich tummeln sich auch auf den Zitruspapieren die im Werbegenre üblichen schönen Frauen. Doch wer rechnet schon damit, auf Orangenpapieren, die vorwiegend in Spanien und Süditalien entworfen und gedruckt wurden, Tannhäuser, Till Eulenspiegel, Rotkäppchen, Rumpelstilzchen, Struwwelpeter, Max & Moritz, einem „Kaminfeger“ oder gar einem Wappen mit dem Münchner Kindl zu begegnen? Man sieht schon:
Die Orangenexporteure waren in den Zeiten, als man noch nicht von Marketing, Alleinstellungsmerkmal und dergleichen sprach, durchaus clevere Leute, denn sie haben sich ganz und gar auf ihre Kunden in den deutschsprachigen Ländern einzustellen versucht. Aber auch bekannte historische Gestalten wie Hannibal und Cäsar sowie Comic- und Zeichentrick-Figuren, die in den 1950ern und 1960ern populär waren – Popeye, Micky Maus, Donald Duck oder Bambi – zieren die Papiere und werden zu Botschaftern für die fruchtige Ware. Manche der Markenzeichen prägten sich durch Serien ein. Auf einer Reihe von Struwwelpeter-Papieren zum Beispiel wurden Briefe von deutschen und österreichischen Fans veröffentlicht mit verzückten Ausrufen wie „Ihre Struwwelpeter-Orangen sind einfach knorke!“
Die ersten Einwickelpapiere für Zitrusfrüchte gibt es seit rund hundertfünfzig Jahren. Als man im 19. Jahrhundert damit begann, Orangen von Süditalien und Spanien nach Mitteleuropa zu transportieren, verdarben über die Hälfte der Früchte, weil sie von Fäulnis oder Schimmel befallen wurden. Erst als man auf die glorreiche Idee verfiel, die Apfelsinen in Seidenpapiere einzuwickeln, wurde der Verlust drastisch reduziert. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Papiere dann bunt bedruckt und fortan auch zu Werbezwecken genutzt.
Die ausgestellten Orangenpapiere sind nach Themen gruppiert und werden von erläuternden Texten begleitet. Doch will die Ausstellung nicht nur bunte Papiere zeigen, sondern auch Einblicke in die Welt der Orange geben. Man erfährt Wissenswertes über die Orange und ihre Geschichte. Dabei sollen die Pflanzen und Früchte auch zu einem sinnlichen Erlebnis werden, etwa durch wohlriechende Düfte, die aus ihnen gewonnen werden. Auch Rezepte für Gerichte und Getränke mit Pomeranzen und Orangen werden empfohlen, die man zu Hause ausprobieren kann.
Begleitbroschüre
Zur Ausstellung erscheint eine Begleitbroschüre mit zahlreichen Abbildungen sowie Texten von Lothar-Günther Buchheim und Clelia Segieth zum Preis von € 6,50.
Veranstaltungsort
Für die Inhalte der Veranstaltungen tragen die jeweiligen Veranstalter die Verantwortung.