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Loisachhalle Wolfratshausen

Pur und virtuos

von Claudia Koestler

Wolfratshausen, 24.9.2016 – Sie waren gerade frisch aus dem Urlaub zurück – und entsprechend entspannt und vielleicht deswegen so überragend gelang der Auftritt in der Flößerstadt: Stefanie Boltz und Sven Faller bilden das Duo „Le Bang Bang“ und brechen als solche mit den Hörgewohnheiten des Publikums – in spielerischer und doch aufregender Art und Weise.  Und das, obgleich das Material, mit dem die beiden Münchner Musiker hantieren, nur in den wenigsten Fällen neu ist. Überraschend ist vielmehr, wie Faller und Boltz damit umgehen. Doch von vorne: Am Freitag gastierten die beiden im Foyer der Wolfratshauser Loisachhalle, um ihre neue CD mit dem Titel „Pure“ vorzustellen. Zwar wird diese erst Ende des Jahres erhältlich sein, doch einen Vorgeschmack boten sie nun schon mal dem Wolfratshauser Publikum.

Seit rund fünf Jahren existieren „Le Bang Bang“ als Duo. Nur mit der Stimme von Boltz und Faller am Kontrabass haben sie längst  ihren eigenen, höchst persönlichen Stil entwickelt und genießen ein entsprechendes Renommee in der Jazz-Szene. Doch Klassiker der Musikgeschichte wie „Cheek To Cheek“, „Windmills Of Your Mind“, „Life On Mars“ oder gar „Jitterbug“ vom „Wham“: Wie lassen sich solche teils emblematischen, teils problematischen Songs neu erfinden?

„Le Bang Bang“ suchen ihr Heil nicht in hemmungsloser Verfremdung der Originale, sondern in ihrer Entfettung und Sezierung: Sie entblättern quasi die Songs, bis nur noch ihre Essenz, ihr ursprüngliches Wesen bleibt, nackt bis auf die Knochen, um ihnen so zu wahrer Schönheit zu verhelfen, einem neuen, minimalistisch-puristischen Leben.  Faller nutzte dazu seinen Kontrabass als Streichinstrument, als Zupfinstrument oder als Schlaginstrument, manchmal alles sogar gleichzeitig, wenn er mit der einen Hand die Saiten bearbeitete und mit der anderen auf den Korpus trommelte. Doch er beschränkte sich nicht alleine auf akkordische Strukturbildung oder das Begleiten, sondern räumte sich immer wieder Räume für hochvirtuose Breaks ein. Manchmal setzte er auch einen Synthesizer ein, um auf diese Art und Weise eine Fülle an Klängen in den Raum zu bringen, als wäre doch wieder ein ganzes Orchester dabei. Trotzdem war seine Spielweise stets darauf ausgerichtet, den Song in Szene zu setzen, anstatt sich selbst zu feiern, und das musikalische Zweigespräch mit der Sängerin zu suchen. Boltz stand Faller in Sachen Virtuosität nicht nach. Vom ersten Song an brachte sie sich – und im Schlepptau das Publikum – mit ihrer geschmeidigen, sicheren Stimme in eine knisternde, seelenvolle Stimmung – aus der es dann kein Entrinnen mehr gab. Als Sängerin mit flexibler und sehr gut geführter Stimme übersetzte sie romantische Wechselfälle von Sehnsucht und Liebelei, Epik und Wucht in ein feinsinnig-vokales Nuancenspiel. Geschmeidig nutzte sie ihren Stimmumfang und ihre Virtuosität kaschierte sie durch ein unaufgeregtes Understatement, das die Phrasierungen und Dynamiken stets natürlich wirken ließ. Jeder Song entpuppte sich so als kleines Drama oder kleines, funkelndes Kleinod, in dem Boltz und Faller um den eigenen, ganz unverwechselbaren Ton rangen, das „Fremde“ oder „Plakative“, vielleicht auch das „Altbekannte und Abgenudelte“ fast unerwartet doch wieder zu einem Naturereignis der eigenen Innenwelt zu machen. Kurzum: sparsame, um nicht zu sagen minimalistische Arrangements, die dennoch betörende Wärme ausstrahlten, verwirrten den Hörer in seinem Wiedererkennungswillen und entzückten zugleich. Überragend schön, und vor allem: pur. 


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