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Wandertour

Mit Bedacht durch die Botanik: Eine Wanderung durchs Naturschutzgebiet "Magnetsrieder Hardt"

von Christoph Ulrich

Testfazit: Eine Wanderung durch eine der typischen Landschaftsformen des Alpenvorlands, über Drumlinfelder hinweg und mitten durch eine sagenhafte Vielfalt seltener Pflanzen. Besonders empfehlenswert zur Blütezeit der extrem seltenen Sumpfgladiolen, die hier gedeiht.

Ausgangspunkt

Als Start- und Zielpunkt empfiehlt sich die Hardtkapelle, circa 5 Kilometer von Weilheim entfernt. Von München aus über die Autobahn A95 Richtung Garmisch-Partenkirchen, bis hin zu Ausfahrt „Starnberg“. Von dort über die Bundesstraße B2 nach Weilheim, am Kreisverkehr die dritte Ausfahrt über den Narbonner Ring bis zur Hardtkapellenstraße. Links abbiegen und Richtung Bauerbach beziehungsweise Bernried circa 5 Kilometer durch die gewundene Straße in den „Hardt“.

Dauer


Die Zeit, die man mitbringen sollte, richtet sich ganz danach, ob man zum Schauen, Fotografieren und Genießen in das Naturschutzgebiet kommt - oder um es zu durchwandern. Erstere Variante dauert bei gut 4 Kilometer nach Magnetsried und retour zwischen einer halben Stunde und zwei Stunden. Eine Wanderung vom Parkplatz der Hardtkapelle nach Magnetsried und, womöglich mit einer Variante über den Beatweiher zurück zur Hardtkapelle lässt sich mit einer Pause in zwei Stunden gehen.

Wegbeschreibung

Zunächst möchte man vor lauter Schilderwald gar nicht glauben, dass man es erstens mit einem der schönsten Naturschutzgebiete im Alpenvorland zu tun hat. Und zweitens, dass man gut fünf Kilometer tief im Waldgebiet zwischen der Weilheimer Senke und dem Westufer des Ammersees ist. Ungute Zeitgenossen, die mit dem Klappspaten zum Blumenanschauen gehen oder mit genagelten Stiefeln und der Mentalität einer Straßenwalze, machen die Naturschutzgebiet-Schilder, die nahelegen, auf den Wegen zu bleiben, offenbar notwendig.

Immer wieder sind kleine Trampelpfade durch die üppig blühende Sauerwiese am Waldrand gemäht; auf ihnen sollte man unbedingt bleiben – wenn einem der Verlauf des Kieswegs schon zu weit weg vom Geschehen ist. Und es gibt dort viel zu sehen. Besonders, wenn im Juni und Juli die seltene Sumpfgladiole ihre purpurnen Blüten in den Sommerhimmel reckt. Die seltene und stark gefährdete Schwertlilie kommt hier im Magnetsrieder Hardt nicht nur gelegentlich vor, sondern blüht zeitweise in einer derart verschwenderischen Vielzahl, dass es eine wahre Freude ist. Entsprechend viele Naturfotografen bemühen sich kniend, kauernd oder liegend um das begehrte Motiv.

Doch auch abseits ihrer Hauptblütezeit von Juni bis einschließlich Juli – je nach saisonalen Bedingungen auch ein paar Wochen früher oder später – lohnt sich eine Wanderung durch diesen schönen Landstrich. Er markiert das Zentrum des so genannten Eberfinder Drumlinfelds. Diese Landschaftsform wurde bei der letzten Eiszeit von den Gletschern geformt, die durch ihre Bewegung stromlinienförmige Hügel aus dem Boden prägten. Die weichen Hügel geben der Landschaft ihre charakteristische und liebliche Form.

Mit Blickrichtung in den Süden, wo sich an klaren Tagen ein fantastisches Alpenpanorama auftut, führt der Weg über wild blühende und weitgehend naturbelassene Sauerwiesen, die sich in den morastigen Tälern zwischen den Hügeln über viele hundert Jahre ungestört entwickeln konnten. Auf ihrem mageren Grund gedeihen viele Pflanzenarten, die heute nur noch selten vorkommen – früher aber typisch waren für das oberbayerische Alpenvorland. Neben der Sumpfgladiole, die auch als „Sumpfsiegwurz“ in den Bestimmungsbüchern geführt wird, findet sich hier auch der Sonnentau. Die tauartigen, klebrigen Tröpfchen, mit der die feingliedrige Pflanze auf Insektenjagd geht, sind vor allem am Morgen gegen die aufgehende Sonne am Rand von Gräben gut zu sehen. Beute gibt es für die fleischfressende Pflanze genug: Zwischen Pfeifengras-Büscheln, Silberdisteln, Gocken- und Kornblumen lassen sich außerdem jede Menge Insekten von der Mücke bis zur Hummel entdecken.

Vor allem für botanisch Interessierte ist es schwierig, weiterzukommen und dem geschwungenen Weg am Fuße der Drumlins zu folgen. Steinalte Eichen bieten ebenso reizvolle Anblicke und Fotomotive wie kleine Gruppen von Birken – die als Pionierbäume sogar dem nährstoffarmen Boden genug Nährstoffe abgewinnen können. Nach gut drei Kilometer kommt Magnetsried in Sicht, wo der Landgasthof „Zur Quelle“ mit einer großen Terrasse und einer umfangreichen Speisekarte aufwartet. Wer nicht einkehren möchte und aus dem Rückweg einen Rundweg machen möchte, der biegt beim ersten Haus der kleinen Ortschaft spitzwinklig nach rechts zurück, lässt den kleinen Beatweiher links liegen und bewegt sich auf einem Landwirtschafts-Weg Richtung Norden. Dass dieser immer schmäler und verwinkelter wird, darf nicht stören – ganz rum Schluss wird er sogar zum Trampelpfad und führt durch einen kleinen Baumbestand.

Letzten Endes aber trifft man auf den altbekannten Weg, der geradewegs zurück zur Hardtkapelle führt. Hier lohnt sich übrigens ein Blick hinein. Im Zusammenhang mit der kleinen Kirche mitten im Hardt gibt es nämlich eine gruselige Gründungslegende: Nach einem Streit ums Weiderecht auf den abgelegenen Fluren im Hochmittelalter sollen Weilheimer und Haunshofener Bauern ordentlich aneinander geraten sein. Sie stritten sich vehement und waren partout zu keiner Einigung zu bewegen, als plötzlich ein unbekannter Jüngling im Gewand eines Hirten aus dem Wald trat. Er trat mit dem rechten Fuß auf einen Stein und rief: „So wahr ich trete in diesen Stein / ist dies Haunshofer Gmein!“ und hinterließ einen etwa 30 Zentimeter tiefen Fußabdruck. Soweit die Legende.

Hatte gar der Teufel selbst in der Gestalt des Jünglings gesteckt und den Streit geschlichtet? Sicherheitshalber errichteten die Haunshofener eine Wallfahrtskirche über dem Stein, der heute vor dem Altar im Boden eingelassen ist und gut durch das Gitter am Eingang zu sehen ist. 1986 wurde die alte Kapelle durch die neue, im Stil der Spätgotik gestaletet, ersetzt und steht bis heute an dieser Stelle.

Verpflegung


Ein kühles Getränk und eine kleine Brotzeit sollte im Rucksack sein, vor allem bei Wanderern, die sich im Sommer die Feuchtwiesen anschauen. Unbedingt sollte auch ein Feldstecher oder ein Teleobjektiv sowie ein Hut oder eine Kappe im Marschgepäck sein – zumindest bei all' jenen, die sich die Botanik näher anschauen möchten. Für Spaziergänger wartet der Gasthof „Zur Quelle“ im Seeshaupter Ortsteil Magnetsried.

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