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WANDERTOUR: Unterwegs im Paterzeller Eibenwald

Gute Erholung ist Eibennutz: Unterwegs im Paterzeller Eibenwald

von Christoph Ulrich

Testfazit: Der Paterzeller Eibenwald gilt in esoterischen Kreisen als „Kraftplatz“. Elfen, Druiden und Gnome begegnen einem jedoch nur selten auf dem verschlungenen Pfad durch eines der ältesten Naturschutzgebiete Bayerns. Auf einem landschaftlich reizvollen und vor allem erholsamen Spaziergang lässt sich über einen mythenumwölkten Baum lernen – die Eibe.

Ausgangspunkt

Als Startpunkt wählen Auto- und Radfahrer am besten den Parkplatz direkt am Eibenwald. Die Anfahrt führt über den serpentinenreichen „Schlagberg“, der von der Staatsstraße 2057 zwischen Weilheim und Landsberg abzweigt (Hinweisschild „Paterzell“ folgen. Von beiden Parkplätzen aus gelangt man auf Stich-Wege schnell zum Rundweg durch den Eibenwald.

Dauer


Für einen Kilometer Weg rechnet man normalerweise keine 15 Minuten. Im Eibenwald aber geht es nicht um sportliche Leistungen, sondern vielmehr darum, die besondere Stimmung dieses uralten Waldes einzufangen. Dazu kann man sich auf Schautafeln über die Eibe informieren. Oder man setzt sich auf einen der vielen Totholzstämme und atmet einfach mal ruhig durch.

Wegbeschreibung

Borkenkäfer? Saurer Regen? Von wegen. Der Mensch ist der größte Feind des Waldes, zumindest hier im Eibenwald. Zu diesem Schluss kommt der interessierte Spaziergänger bereits nach ein paar Minuten im uralten Wald bei Paterzell. „Etwa 700 Jahre überlebte diese stärkste Eibe des Eibenwaldes, ehe sie 1997 Opfer der Unvernunft wurde“, erklärt das Faltblatt in moderatem Ton, was es mit dem rußgeschwärztem Baumstumpf auf sich hat, der inmitten einer kleinen Lichtung steht: Er ist ein Opfer von Brandstiftern.

Das Faltblatt liegt in kleinen Holzkästen an den Eingängen zum Eibenpfad aus und wird von den „Bayerischen Staatsforsten“ herausgegeben. Entlang des Weges sind, mit Nummern versehen, zehn Stationen, an denen Wissenswertes über die jeweilige Stelle vermittelt wird. Und der Besucher ist noch gar nicht richtig im Eibenwald angekommen, da regt er sich schon über gewisse Mitmenschen auf: „Die einen zünden den Baum an“, grummelt ein älterer Herr, der ebenfalls ein Faltblatt in der Hand hat, „und die anderen sägen sich einfach heraus, was sie brauchen. Unmöglich ist das!“ Er erzählt, dass vor gar nicht allzulanger Zeit Holzdiebe im Wald aus einer uralte Eibe einen gewaltigen Block gesägt haben – und den Baum seinem sicheren Tod bescherten. So kommt fast Mitleid mit diesen stillen, genügsamen und besonderen Bäumen auf, während sich der Weg durch dichter werdendes Gehölz schlängelt. Nach der geballten Information auf den ersten paar Metern kommt hier der Geist langsam im Eibenwald an und versteht, dass es bei dieser kleinen Wanderung nicht ums Vorwärtskommen geht. Eine kleine Pause, zehn Minuten nach der Ankunft ist genau richtig, um zu begreifen, was es mit diesem Wald auf sich hat.

Der Weilheimer Arzt Friedrich Kollmann war im frühen 20. Jahrhundert gern auf ausgedehnten Spaziergängen hier draußen und war fasziniert von diesem seltsamen und doch wunderschönen Stück Natur. Er setzte sich bei Marie Therese, der Gattin von Ludwig III., für den Erhalt des Eibenwaldes ein – mit Erfolg. Seit 1913 ist der Eibenwald bei Paterzell ein staatliches Naturdenkmal und damit einer der ältesten Naturschutzgebiete Bayerns. Und es dauert in der Tat ein bisschen, bis sich die wahre Schönheit dieses vergleichsweise kleinteiligen Baumbestandes erschließt: Die Eibe ist kein archaisches Naturphänomen, wie etwa die Sequoia- oder Redwood-Baumriesen in Nordamerika. Sie gedeiht am besten im Schatten von anderen, größeren Bäumen und lässt sich dabei auch noch eine Menge Zeit: Eiben können Jahrtausende alt werden. Aufgrund ihrer „untypischen“ Eigenschaften gelten sie als „mystische Bäume“, gar als „Tor zur Unterwelt“ oder zum „Zwischenreich“, wie viele Internetseiten mit klangvollen Titeln wie „Engel und Elfen“ oder „Mystische Orte“ wissen. Die dort verorteten Elfen und Gnome wurden bei dieser Testwanderung zumindest nicht gesehen. Dafür im Übermaß gedeihende Natur!

Hat der Wanderer sein Auge eine Zeitlang umherschweifen lassen, entdeckt er die gedrungenen Hartholzbäume, die sich beim Wachsen schon mal ein paar Mal um die eigene Achse drehen. Nun offenbaren sich nach und nach einzelne der 2000 Schönheiten, die gern in den versteckten Winkeln des Waldes wachsen. Nun braucht Eibenholz klares Wasser – entsprechend mäandern kristallklare Bäche über den Waldboden oder plätschert in einem kleinen Bachbett am Wegesrand entlang. An ein paar Stellen wähnt man sich im „Herr der Ringe“-Film.

Genüsslich lässt sich also auf dem rund 1000 Meter langen Rundweg die ein oder andere Pause machen, Naturfotografen kommen ebenfalls voll auf ihre Kosten. Der Wanderer lernt derweil, dass die Eibe ein Giftbaum ist, aber vom Wild geschätzt wird. Und dass es in vergangenen Zeiten als Waffenholz gebraucht wurde – sogar „Ötzi“ trug einen Bogen und einen Axt-Stiel aus Eibenholz am Gürtel. So zieht gut und gern eine Stunde ins Land, bis das Eingangs-Gatter wieder in den Blick rückt. Und wer sich noch nicht trennen kann, vom satten Grün und dem lebendigen Plätschern des allgegenwärtigen Wassers, der kann ja noch eine Runde drehen, im uralten Eibenwald von Paterzell.

Verpflegung


Eine Trinkwasserflasche dabeizuhaben empfiehlt sich auch bei dieser Wanderung. Zahlreiche Bänke oder Totholz-Stämme laden zur Rast ein, also schadet auch eine kleine Brotzeit nicht. Dass Verpackungen und Reste wieder mitgenommen werden, versteht sich von selbst und ist hier, im Naturschutzgebiet, aber doppelt wichtig.

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