Serie: Der Mann und das Pferd
„Freundschaft und Vertrauen kann man sich nicht erkaufen“, weiß Gustl Wolf aus Eurasburg heute mehr denn je. Zu seinem 53. Geburtstag in 2012 hatte er sich einen langersehnten Wunsch erfüllt und den Araberwallach Dhakir aus dem Gestüt von Christoph Müller in Eurasburg gekauft. Seitdem arbeitet Wolf intensiv mit dem stolzen Vierbeiner zusammen. Oberland.de begleitet den „Mann und das Pferd“ und berichtet über ihren gemeinsamen Weg. >>> Lesen Sie hier alle Folgen
Serie "Der Mann und das Pferd" – Teil 3
Reiten auf Dhakir
Von Andrea Weber
Es ist soweit: Nach acht Monaten Geduldsspiel und sanften Trainings darf Gustl sein Araberpferd Dhakir reiten. Inzwischen ist es Winter geworden. Klirrend kalt, aber zauberhaft schön, liegt die Koppel des Eurasburger Gestüts von Christoph Müller am Berghang, mit freiem Blick über das schneeweiße Oberland. Der Araberwallach Dhakir von Gustl Wolf hat inzwischen ein dickes Winterfell bekommen, flauschig weich und warm fühlt es sich an. Gustl hat sein Ziel geschafft. Vor acht Monaten fing er mit Dhakir zu trainieren an, inzwischen hat das Tier soviel Vertrauen gefasst, dass Gustl bereits kleinere Ausflüge auf den Waldwegen entlang unternehmen kann. Das Traben mit seinem Pferd ist auf kurzen Strecken bereits möglich.
Seit Mai diesen Jahres begleiten wir die beiden ungleichen Freunde und staunten nicht schlecht, als wir sie kürzlich wieder auf der Koppel besuchten. Seit dem Sommer haben Halter und Pferd enorme Fortschritte gemacht. Nur ein Pfiff von Gustl genügt inzwischen, damit Dhakir vom anderen Ende der Koppel herangetrabt kommt. Er stellte sich zu Gustl, ohne dass dieser ihn am Halfter führen müsste. Es ist erstaunlich was Gustl Wolf mit monatelanger Bodenarbeit (wir berichteten, mehr in Teil 1 und Teil 2) geschafft hat. Er, der im Grunde ein unerfahrener Pferdehalter war, und sich das Wissen theoretisch aus Büchern angeeignet hat. Ohne Hilfe des Züchters Christoph Müller, einer versierten Reitlehrerin und einer Nachbarin hätte er die Zähmung seines Vollblutpferdes auf sanfte Weise in dieser Zeit nicht so leicht geschafft.
So fremd sind Pferde den Menschen nicht
Schaut man Dhakir heute in die Augen, spürt man das Vertrauen, dass der Araberhengst inzwischen zu Gustl gefasst hat. Die ursprüngliche Scheu des Tieres ist der Neugier gewichen. Dhakir kaut gemütlich vor sich hin und lässt sich gerne übers Fell streichen. „Er ist entspannt und fühlt sich wohl“, erklärt Gustl, der sich mit der Körpersprache nach den Studien des Pantomimenkünstlers Sami Molcho befasst hat. „Dieses Wissen kann man durchaus auch auf Tiere übertragen, denn so fremd sind sie uns gar nicht“, sagt er.
Im November durfte Gustl aufsitzen
Seit Sommer trainierte Gustl mit Dhakir das Anlegen des Zaumzeuges und das Aufsatteln. Behutsam kam er diesem Ziel näher. Dhakir reagiert auf Fingertippen, dreht sich weg, geht einen Schritt vor oder einen zurück, je nachdem. Um ihm die Angst vor dem ungewohnten Sattel zu nehmen, ging Gustl auch mit viel Geduld vor, legte zuerst ein leichtes Tuch auf Dhakirs Rücken, danach einen kleinen Sattel, einen mittleren und schließlich den Westernsattel. Um das eigene Risiko zu minimieren, setzte er zuerst eine Dummy-Puppe auf. „Ich dachte es passiert ein Unglück, als diesem Ding plötzlich mit lautem Zisch die Luft ausging“, erinnert sich Gustl amüsiert. Aber Dhakir blieb tapfer und ruhig. „Das war der beste Beweis für mich, dass er jetzt soweit ist.“ Das erste Mal aufsitzen – das war Anfang November – war für Gustl ein unvergesslicher Moment, hat er doch seit Mai , vier Mal pro Woche mit dem Tier auf dieses Ziel hingearbeitet. Noch ist eine befreundete Nachbarin sicherheitshalber dabei, noch sind die Ausflüge kurz. Doch bis zum Frühjahr – so Gustls nächstes Ziel – soll es dann endlich im Galopp über die Wiesen Eurasburgs gehen.
Oberland.de wird den „Mann und das Pferd“ weiterhin begleiten und über ihren gemeinsamen Weg berichten.
Vollblutaraberzucht Christoph Müller in Eurasburg: www.cmarabians.com
Fotos: Gustl Wolf, Fenny Rosemann
