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Imkerin Katrin Stefferl aus Berg

Im Kosmos der Bienen

Von Benjamin Engel

Berg, 17.8.2019 - Mehr als 500 Bienenarten gibt es in Deutschland. Die Honigbiene ist nur eine Art davon. Manche wilden Exemplare sind wahre Spezialisten. So ist die Mohn-Mauerbiene perfekt an die nach ihr benannte Ackerpflanze angepasst. Sie fühlt sich in trockenem Gelände mit Wiesen und Feldern am und saugt mit ihrem Rüssel Nektar aus Mohn- und Kornblumen und kleidet das Brutnest mit den Blütenblättern des Mohns aus. Wie komplex die Bienen in und mit der Natur leben, hat Katrin Stefferl dazu gebracht, Imkerin zu werden. „Mich fasziniert, wie ein Bienenvolk funktioniert“, sagt die Biologin aus Berg im Landkreis Starnberg. Vor 17 Jahren hat sie begonnen, sich mit den honigsammelnden Insekten näher zu befassen. Seitdem lernt sie nie aus. In Österreich hat sich Katrin Stefferl zur Bienenwirtschaftsfacharbeiterin fortgebildet. Die Ausbildung zur Wirtschaftsmeisterin soll folgen.

22 Bienenvölker hat Katrin Stefferl inzwischen. Die meisten leben direkt auf dem verwunschenen, durch eine Hecke von der Seeshaupter Straße abgeschirmten Grundstück. Zwischen knorrigen Obstbäumen blühen die Wiesen üppig. Ringelblumen sind genauso zu finden wie Lavendel, Thymian, Salbei und noch viel mehr. So insektenfreundlich wie möglich sollte der Garten sein. Für die Wildbienen hat die Imkerin sogar eigens Nisthilfen aus Schilf unter dem Dach ihres Hauses geschaffen.

Nur mit Hut nähert sich Katrin Stefferl ihren Bienenstöcken. Das empfiehlt sie auch jedem Besucher, damit sich nicht etwa eines der Tiere im Haar verheddert und sticht. Ebenso hält die Imkerin den Smoker, ein handliches Gerät mit Blasebalg, stets griffbereit. Damit bläst sie Rauch in die Wabengassen, sobald sie den Deckel der Holzkiste entfernt hat. So orientieren sich die Bienen nach innen und Katrin Stefferl kann eine Wabe vorsichtig herausziehen. Dort zeigt sie auf die Exemplare der orangefarben gemusterten Buckfastbiene und die dunkleren Insekten der sogenannten Kärtner Biene oder auch Carnica genannt. „Da haben sich zwei Rassen gemischt“, sagt sie.

Bienenrassen: Gelbliche Ligustica und die italienische Biene

Beide Rassen sind an die Pflanzenwelt Mitteleuropas am besten angepasst. Zur Art der westlichen Honigbienen zählt zum Beispiel auch noch die gelbliche Ligustica oder auch italienische Biene. In Deutschland konnten sich die auf der Halbinsel im Süden des Kontinents beheimateten Insekten jedoch nicht durchsetzen. Es gibt nur die westliche Honigbiene hier in Europa, die anderen acht Arten von Honigbienen existieren in Asien.

 Um eine Bienenkönigin bildet sich jeweils ein Volk. Sie ist deutlich länger als Arbeiterinnen und Drohnen und im Unterschied zu diesen auch das einzig geschlechtsreife Weibchen im Stock. „Bis zu 40.000 Bienen kann ein gesundes Volk haben“, sagt Katrin Stefferl. Im Juli hat die Imkerin die meiste Arbeit mit ihren Tieren. Denn dann beginnt die Hochphase der Erntezeit. Sie sammelt die prall mit Honig gefüllten Waben aus den Stöcken ein. Im Keller ihres Hauses muss sie erst einmal die Wachsschicht entfernen, mit denen die Bienen die Waben verschlossen haben. Erst danach lassen sich diese schleudern, um schließlich reinen Honig zu gewinnen. Im Herbst und Winter sollten sich die Bienen ausruhen können. Dass etwa im vergangenen Jahr auf einem benachbarten Feld ein Landwirt Ackersenf ausgesät habe, sei eher schlecht, sagt Katrin Stefferl. Denn dadurch seien die Bienen, als die Pflanzen im November blühten, noch einmal ausgeflogen und hätten kostbare Energie verbraucht.

Im Imkerverein Starnberg hat sich die Biologin zu Anfang erst einmal einen Paten gesucht. „Man muss viel sehen“, sagt sie. Doch jeder gehe auf ganz eigene Weise mit seinen Bienen um. „Wenn zwei Imker einer Meinung sind, dann lügt einer“, sagt Katrin Stefferl. Daher werde auf den regelmäßigen Treffen auch viel diskutiert. Schön findet sie, dass sich inzwischen mehr Frauen und jüngere Menschen für das Imkern interessieren. Als sie damit begonnen habe, sei sie noch eine von wenigen Frauen unter meist älteren Männern gewesen, schildert sie.

„Wenn sich der Mensch wohlfühlt, fühlt sich auch die Biene wohl.“

Frostig-kalte Winter und warme, aber nicht zu trockene Sommer wären laut Katrin Stefferl für die Honigbienen die idealen klimatischen Verhältnisse. „Wenn sich der Mensch wohlfühlt, fühlt sich auch die Biene wohl“, sagt sie. Frost im Winter sei besonders wichtig. Denn dann stelle die Biene das Brüten ein. So verbrauche sie zwar mehr Energie, aber so vermehre sich die für die Tiere gefährliche Varroa-Milbe nicht so stark. Die aus Asien eingeschleppten Schädlinge vermehren sich in der Brut der Honigbienen.

Während die Königin vier bis fünf Jahre alt werden kann, leben die anderen Bienen im Sommer nur etwa sechs Wochen. Die Arbeiterinnen verbringen die ersten drei Wochen im Stock, legen Waben an oder übernehmen Putzdienste. Nur die älteren fliegen aus und sammeln Honig. Über die sogenannten Schwänzeltänze zeigen die Bienen etwa, wo die nach ihrer Einschätzung beste Nahrung zu finden ist. Jede Unterart kommuniziere etwas anders, sagt Katrin Stefferl. Die vielen Besonderheiten machten die Tierart für sie so faszinierend.

Inzwischen will Katrin Stefferl vor allem Aufklärungsarbeit leisten. Als Bestäuber sind die Bienen nicht nur für die Landwirtschaft unverzichtbar, viele Blütenpflanzen sind auf Bienen zur Vermehrung angewiesen. An der Montessori-Schule in Starnberg bietet sie ein Wahlfach an, um den Kindern und Jugendlichen den Kosmos der Bienen näherzubringen. „Ich begrüße es sehr, dass die Sensibilität für das Thema steigt“, freut sich Katrin Stefferl.

Fotos: Benjamin Engel


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