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Segeln, salzen, Leben retten: Die breite Palette, was man alles lernen kann, ist nirgendwo in der Region so reichhaltig, anschaulich und nonchalant präsentiert wie auf dem Lernfest in Benediktbeuern. Dort kann jedermann spielerisch Neues wagen, persönliche Interessen wecken, Talente entdecken und Kräfte mobilisieren. Vor allem aber kann sich jeder umfangreich informieren. Denn viele Institutionen, Einrichtungen und Initiativen zeigen hier, was sie genau machen und können dadurch für ihre Sache werben. Und das vor einer Kulisse, die Ihresgleichen gar nicht erst suchen muss: Dem Kloster Benediktbeuern.

Mit Neugierde und Spaß Wissen mitnehmen

Von Claudia Koestler

Benediktbeuern, 20.5.2014 - Es war das neunte Lernfest im Kloster Benediktbeuern. Doch heuer gab es erstmals einen Angstgegner zu besiegen: Das Wetter. Denn das spielte erstmals beinahe nicht mit: Regen und frostige Temperaturen sorgten zunächst frühmorgens noch für ein paar Sorgenfalten. Allerdings waren die unbegründet: Denn die Begeisterung bei den Akteuren, insgesamt etwa 300, schien das kaum zu trüben. Und schon gar nicht die Begeisterung der geschätzten 30000 Besucher aus dem gesamten Oberland, die im Laufe des Tages ihren Weg nach Benediktbeuern fanden. Kein Wunder, denn von der Astronomie bis zur Zimmerer-Innung, von Ausbildungsberufen bis zur Zen-Meditation lockte das Spektrum an Angeboten, das sich über beide Höfe, Teile des Freigeländes und etliche Räume des Klosters erstreckte. Und so verzog sich gegen Mittag das schlechte Wetter und überließ den Besucherströmen und der bunten Fröhlichkeit der Angebote das Feld.

Schon das erste Lernfest 1998 wurde vom Bildungsministerium (BMBF) preisgekrönt, daraufhin gründete sich die GmbH Lernende Region Tölzer Land,  die bis heute zusammen mit lokalen Unternehmen und Bildungsträgern die Veranstalter des Festes sind. Die große Bildungsmesse ist dabei aber kein Selbstzweck. Das Lernfest wirbt vor allem für lebenslanges Lernen, heuer unter der Prämisse „Entdecken, was die Welt heute und morgen bewegt“. Nach der Eröffnung am Samstag durch Staatsminister Dr. Marcel Huber, der das Konzept und den vielseitigen Rahmen in den höchsten Tönen lobte, waren es vor allem die Mitmachangebote, die besonders viel Andrang erlebten: Der Kletterparcours am Ahornbaum vor dem Kloster etwa, die straff gespannte „Slackline“ oder das Angebot der Bundeswehr, sich mit Karte und Kompass zu orientieren. Wenige Meter daneben zeigten junge Volkstänzer ihr Können, diskutierten regionale Krimiautoren oder zeigten Akrobaten ihre Kunst auf der Hauptbühne.

Breites Spektrum von Betrieben und deren Ausbildungsmöglichkeiten

Im Klosterinnenhof konnte man beispielsweise erste Grundlagen für das Segeln erlernen: Die „Seglergemeinschaft Kochel“ hatte dazu zwei Boote mitgebracht und erklärten Backbord als linke Seite, Steuerbord als rechte Seite und die Position des Segels als „hart am Wind“ oder „achterlich“. Es sei „ein unheimlich beruhigender Sport, bei dem man die Kräfte der Natur spürt“, sagte Christoph Fedke. Dazwischen gab es auch jede Menge Möglichkeiten, sich über das breite Spektrum von Betrieben und deren Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren. Ein Beispiel war hier das Geretsrieder Unternehmen Tyczka Totalgaz, das über sein Produkt Flüssiggas und Karrierechancen im Unternehmen aufklärte. Wenige Meter entfernt wartete ein Fahrrad der Bürgerstiftung Energiewende Oberland: Wer hier in die Pedale trat, konnte aus eigener Kraft eine Glühbirne zum Leuchten bringen. Ein paar Schritte westlich betörte der Duft von Lavendel, Thymian und Oregano: Am Stand von Ulrich Glodowski und der „Kräuter-Erlebnis-Region Tölzer Land“ lernte man, wie man selbst Kräutersalz fertigen kann: In einem kleinen Mörser kam zunächst handelsübliches Salz. Dazu getrockenete Kräuter, ganz nach eigenem Gusto: Eine Handvoll Dost, auch wilder Oregano genannt, ein paar Lavendelblüten, ein paar getrocknete Ringelblumen, wenige Birkenblätter (die man jung pflücken muss), Thymian und Brennnessel. Wer wollte, konnte noch zwei Fenchelsamen dazu geben. „Aber das ist sehr intensiv“, warnte Glodowski. Mit dem Stößel rühren und alles zermahlen, fertig war die Gourmetwürze Marke Eigenbau. Nicht weniger schmackhaft die eigene Kräuterlimonade, bei der auf Apfelsaft ein paar Blätter Gundermann, Dost, Giersch, Löwenzahn, Brennnessel und Minze kamen und mit Mineralwasser nach einer Nacht im Kühlschrank aufgegossen wurde zu einer köstlichen Erfrischung.

Themenfelder Mensch und Technik, Bildung und Beruf, Musik und Akustik, Sport, Kinder, Familie, Kultur, Werte, Natur und Umwelt

Gegenüber konnten sich Besucher darüber aufklären lassen, wie man mit Lebensmittel wertschätzend umgeht oder sich im Wünschelrutengehen unterweisen lassen. Wer seine Erste-Hilfe-Kenntnisse seit dem Führerschein nicht mehr aufgefrischt hatte, war beim Bayerischen Roten Kreuz richtig: Dort konnte jeder einmal an einer Puppe Ängste vor dem Ernstfall und der Herz-Lungen-Wiederbelebung überwinden. Am anderen Ende des Hofes zeigte die Hanns-Seidel-Stiftung, eigentlich eine politische Organisation, wie man Gemüse schnitzt: „Jeder freut sich daran, Nahrungsmittel schön zubereitet werden – das Auge isst schließlich mit“, erklärte Arkadiusz Furmaniak, Mitarbeiter der Stiftung. Also demonstrierte er, wie aus einem Radieschen eine Maus wird: Das Grün wird dran gelassen für Nase und Barthaare. Am Radieschen selbst werden seitlich mit dem Messer zwei Scheibchen abgeschnitten, dann werden schräg über dem Schopf zwei Einschnitte gemacht, die Scheibchen als Ohren hineingesteckt. Und schon ist die Maus fertig. Natürlich ging auch hier mit Musik alles leichter: Mitreißende Dancefloor-Rhythmen pochten sich durch den Innenhof, dazu wippte ein junger Mann geschmeidig hinter einem Mischpult und drehte nicht weniger rhythmisch an den Reglern an einem Pult. „Alles reine Übungssache“, war er sich sicher und zeigte Interessierten die ersten Grundlagen für das, was ein Diskjockey können muss. Auf der gegenüberliegenden Seite hatte die Sternwarte Königsdorf ein großes Teleskop aufgebaut und ließen Neugierige tief blicken. Eine Chance für Laien, auch einmal lang gehegte Fragen rund um das Weltall zu klären. Etwa, wie viele Sonnen es wohl geben mag? „Inzwischen weiß man, im All gibt es mehr Sonnen als es Sandkörner auf der Erde“, sagte Hans-Georg Schmidt. Ein breites Spektrum also der Themenfelder Mensch und Technik, Bildung und Beruf, Musik und Akustik, Sport, Kinder, Familie, Kultur, Werte, Natur und Umwelt, über die man sich hier eingehend informieren konnte.

Umschauen, einen schönen Tag verbringen und ganz klar etwas Neues mitnehmen

Mit Neugierde und Spaß Wissen mitnehmen: Dafür steht das Lernfest inzwischen nicht nur sinnbildlich. Und so scheinen es auch die meisten Besucher am Samstag gesehen zu haben: Ihnen ging es darum, sich umzuschauen, einen schönen Tag zu verbringen und mal unterschwellig, mal ganz klar etwas Neues mitzunehmen: Ob es nun das Brezen backen mit der Bäcker-Innung war, der Bau eines Vogelhäuschens mit der Zimmerer-Innung, der Percussion-Workshop oder beim „Brain Gym Dance“, bei dem man sich Kinesiologen schwungvoll zu mehr Erfolg tanzt. Natürlich hatte das Lernfest 2014 neben allem Spaß auch ein ernstes, übergeordnetes Thema: Die Gesundheit. So wurde beispielsweise Diabetes als neue Volkskrankheit bei einer Podiumsdiskussion thematisiert und zahlreiche Angebote und Informationen gegeben, wie man die heutigen Alltagsbelastungen in den Griff bekommen kann. Eines aber hat das Lernfest sicher bei allen nachhaltig schon bewirkt: Sich Neuem gegenüber aufgeschlossen zu zeigen und neue Impulse mitzunehmen.

Und weil das nicht nur die Bürger begeistert annehmen, sondern die ganze Region inzwischen lebt, wurde dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen im Rahmen der Bildungsmesse auch gleich das Qualitätssiegel "Bildungsregion" verliehen.

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