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Im Gespräch mit Dokumentarfilmerin Susanne Petz

Wieviel Selbstliebe darf sein?

Wolfratshausen, 15.11.2023 - Die Regisseurin Susanne Petz ist seit 10 Monaten auf Kino-Tour in ganz Deutschland unterwegs mit ihrem neuen Dokumentarfilm "…wie Dich selbst?". Ein Film über die revolutionäre Kraft der Liebe. Leidet unsere Gesellschaft an einem Zuviel an Selbstliebe? Oder ist gerade der Mangel an gesunder Liebe für uns selbst die Ursache für viele Probleme unserer Zeit? Regisseurin, Autorin, Politologin und Coach Susanne Petz ist davon überzeugt, dass mehr Selbstliebe nicht nur jedem einzelnen, sondern auch unserem Miteinander guttun würde. Dazu hat sie für ihren Dokumentarfilm „…wie Dich selbst?“, der seit Februar 2023 bundesweit im Kino läuft, neun Menschen befragt. Am 22. November kommt Susanne Petz zum Filmgespräch ins Kino Wolfratshausen.

Worum geht es in Ihrem Film?

Wir erkunden in dem Dokumentarfilm, wie stark die Selbstliebe im Leben des Einzelnen ist und sein darf, und wie sich das auf uns alle auswirkt. Neun Menschen zwischen 28 und 86 Jahren erzählen dazu aus ihrem Leben. Das waren sehr intensive Begegnungen an von der Zivilisation weitgehend unberührten Plätzen in der Natur Oberbayerns, wo ich seit vielen Jahren lebe.

Es heißt doch eigentlich, dass die Menschen immer egoistischer werden. Man geht also eher von zu viel Selbstliebe aus.

Genau darüber möchte ich eine breite gesellschaftliche Diskussion anstoßen! Egoismus entspringt meiner Überzeugung nach eher einem Mangelgefühl als einem Zuviel an Selbstliebe. Wenn wir aufhören zu befürchten, es könnte zu viel Selbstliebe sein und beginnen uns uneingeschränkt zu lieben, wie wir sind, müssen wir weniger neidisch sein und mit anderen konkurrieren.

Der Titel „…wie Dich selbst?“ ist Teil eines Bibelzitats. Was möchten Sie uns damit sagen?

Es handelt sich nicht um einen religiösen Film. Aber dieses Zitat prägte meine Kindheit und ich vermute, die vieler Menschen in unserem Kulturkreis. Doch eigentlich ging es immer um „Liebe Deinen Nächsten“ – kaum um „wie Dich selbst“. Und darauf möchte ich aufmerksam machen: dass vor der Liebe anderer die Liebe zu mir selbst da sein darf, ja sogar muss!

Wie sind Sie auf das Thema Selbstliebe gekommen?

Ich habe die Bedeutung der Selbstliebe durch meinen Hauptberuf, die Arbeit mit meinen Coaching-Klient:innen, erkannt. Einerseits habe ich im Coaching erlebt, wie viele Menschen sich durch zu wenig Selbstliebe das Leben schwer machen, teilweise auch leiden. Ständige Erschöpfung hat nicht zuletzt auch mit einem Mangel an Selbstliebe zu tun. Andererseits glaube ich, dass wir auch als Gesellschaft anders miteinander umgehen, wenn wir uns selbst in gesunder Weise lieben. Wer sich selbst liebt, hat weniger Sorgen, genug vom großen Kuchen abzubekommen und kann leichter auch die Interessen anderer berücksichtigen.

Sie stellen auch Ihr Buch „Mit Liebe zum Wir“ im Kino vor. Warum mussten es unbedingt Film und Buch sein?

Im Film geht es vor allem darum, welche Lebensbedingungen dazu führen, dass ein Mensch mehr oder weniger Selbstliebe entfalten kann. Dazu erfahren wir viele Erlebnisse aus der Kindheit unserer Protagonisten. Im Buch gehe ich weiter, beschäftige mich mit unserem rauschhaften Leben im Alltag – wir sind ja eigentlich ständig in Aktion. Ich gebe im Buch Impulse, wie wir wieder mehr in der Gegenwart leben können und wie das nicht nur jeden einzelnen und jede einzelne zufriedener und freier machen, sondern auch zu einem besseren Miteinander in der Gesellschaft führen kann.

Neben dem Hauptjob ein Buch und einen Film zu machen, das ist ganz schön ambitioniert.

Ich möchte mit meiner Arbeit zur Selbstliebe einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten. Ich bin davon überzeugt, dass es auch zwischen unserem Umgang mit Umwelt und Natur und der Selbstliebe einen kausalen Zusammenhang gibt. Deshalb habe ich beschlossen, mit dem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen. Buch und Film sollen möglichst viele Menschen für das Thema Selbstliebe sensibilisieren. Als gelernte Journalistin mit 10 Jahren Erfahrung als Filmproduzentin fiel mir das nicht schwer, auch wenn es eine Herausforderung war, das zeitlich alles miteinander zu vereinbaren.

Ist es nicht sehr idealistisch zu glauben, dass Sie durch Film und Buch eine so große Veränderung bewirken?

Klar, eine bessere Welt – größer geht es nicht. (Lacht). Aber ich glaube, dass allein ein Hinterfragen der Liebe zu uns selbst sehr viel verändern kann. Wer meine Fragen an sich heranlässt, wird seinen Alltag anders wahrnehmen. An den meisten Menschen prallt es derzeit einfach ab, dass die Welt durch unsere Art zu leben und zu wirtschaften aus der Balance gerät. Empathischer für sich selbst zu werden macht den Menschen gleichzeitig berührbarer für die sichtbaren Leiden, die wir der Natur zufügen. So entsteht dann ein emotionaler Trigger, um auch anders zu handeln. Neurologisch ist erwiesen: Rein über den Verstand funktionieren Verhaltensänderungen nicht. Wir brauchen dafür emotionale Impulse.

Was werden Sie konkret tun, um möglichst viele Menschen zu erreichen?

Ich bin seit rund 10 Monaten mit dem Film unterwegs und komme zu fast jeder Vorstellung selbst ins Kino, wie auch am 22. November in Wolfratshausen. Ich suche das Gespräch mit dem Publikum und bin erstaunt, wie interessiert die Menschen an diesem Austausch sind. Ich war schon im Hamburg und auch in Bad Reichenhall mit diesem Gesprächsangebot. Weil der Film so berührend ist, sind die Zuschauer danach sehr offen, auch etwas über sich preiszugeben.

Über Buch und Film hinaus baue ich eine ehrenamtliche Organisation zum Thema Selbstliebe auf (www.GenerationL.net ), um Projekte z.B. an Schulen zu initiieren und umzusetzen, in denen Jugendliche sich mit Themen wie Neid, Konkurrenz, Mut, Freiheit und der Liebe zu sich selbst auseinandersetzen.
                                

…wie Dich selbst?
Ein Dokumentarfilm über die revolutionäre Kraft der Liebe.
Film-Forum Höchst, 25.10.23 um 18:30 Uhr mit Regisseurin Susanne Petz Filmgespräch:
www.filmforum-höchst.com/-wie-dich-selbst-.html
Trailer und weitere Infos: www.wie-dich-selbst.de

Foto: Andrea Weber


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