Der Konzertverein Isartal mit dem Philharmonischen Orchester Isartal – Interview mit Dr. Markus Legner
Konzertverein Isartal
Von Teresa Pieschacón Raphael
Wolfratshausen, 08.05.2023 – Der Arzt und leidenschaftliche Kontrabassist Dr. Markus Legner freut sich, dass er nun noch mehr Zeit für die Musik hat. Mehr als 30 Jahre lang meisterte der mittlerweile pensionierte Legner erfolgreich die Balance zwischen OP-Tisch und Orchester.
Im November 2021 übernahm er den Vorsitz des Konzertvereins Isartal (KVI) mit jährlich sechs Konzerten in der Loisachhalle. Im Gespräch mit Teresa Pieschacón Raphael erzählt Legner über die Geschichte des Konzertvereins und stellt das Programm für 2023 vor, das von Kammermusik über Chansons bis hin zu Konzerten des Philharmonischen Orchesters Isartal reicht.
Highlight in diesem Jahr: Der rekonstruierte Stummfilm „Im Kampf mit dem Berge“ mit der Musik von Paul Hindemith am 15.7.2023. Münchenticket
Der nächste Konzerttermin ist das Klavierkonzert mit Eldar Nebolsin mit Werken von Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms und Fréderic Chopin am 13. Mai 2023. Muenchenticket
Opernbus, »KONTR A-PUNKT!« am 14. Mai 2023 um 11 UHR im Krämmelforum Wolfratshausen Hans-Urmiller-Ring 46A
Teresa Pieschacón Raphael: Medizin und Musik. Über 30 Jahre standen Sie als Chirurg am OP-Tisch und ganz hinten im Orchester als Kontrabassist. Was macht Ihnen mehr Spaß?
Dr. Markus Legner: Beides. Bei beidem braucht es Konzentration, Fingergeschick. Allerdings darf man am Kontrabass emotionaler sein, das sollte man am OP-Tisch vermeiden. Jetzt bin ich pensioniert und werde mich mehr der Musik widmen…
… Als neuer Vorsitzender des Konzertvereins Isartal (KVI).
Mitten in der Pandemie im November 2021 habe ich das Amt übernommen, alles andere als eine leichte Zeit für uns. Wenn ein Orchester sich zwei Jahre nicht treffen kann, gerät es schnell aus der Übung. Dann sinken Motivation und Empathie für musikalische Projekte und die Bequemlichkeit siegt. Als die behördlichen Regelungen gelockert wurden, war es nicht leicht, die Gruppe zu reaktivieren. Gott sei Dank sind die allermeisten wieder gekommen. Momentan hat sich das Orchester sehr gut stabilisiert und wir haben sogar neue Musiker dazu gewinnen können.
Wie kamen Sie dazu?
Als Kind habe ich Geige gespielt und wuchs in einem musikalischen Elternhaus auf. Doch im Schulorchester gab es genug Geiger und so kam ich zum Kontrabass. Ich wollte immer zum Medizin Studium nach München, habe es dann auch geschafft und war zuletzt dreißig Jahre lang auf der Chirurgie in Wolfratshausen als Oberarzt tätig …
Und bei der Gründung 1990 der Ickinger Laienphilharmoniker dabei…
Nicht ganz, aber ich kam kurz nach der Gründung zu diesem Orchester. Es war zunächst als kleines Streichorchester mit wenigen Bläsern geplant. Schon recht bald entwickelte sich unter unserem ersten Dirigenten Matthew Boynick dieses kleine Laienorchester zu einem immer größer werdenden symphonischen Orchester. Wir machten enorme Fortschritte und mit seinem Nachfolger Prof. Günther Weiss, dem damaligen Vizepräsidenten der Musikhochschule in München, hatten wir die Chance großartige Solisten für unsere Konzerte gewinnen zu können. Das hat uns enorm angespornt. Zur besseren Organisation wurde 1991 dann der Verein Philharmoniker Isartal ins Leben gerufen wurde. Wir wurden zu einer festen Größe im Kulturleben Wolfratshausen.
Seit 2019 haben sie einen neuen Dirigenten, Herrn Henri Bonamy…
…nach Prof. Weiß übernahm ab 2002 Prof. Christoph Adt, ebenfalls Vizepräsident der Musikhochschule München, die Führung unseres Orchesters. Unter dem Motto „Fördern durch Fordern“ bekamen wir weiter regen Zulauf aus den Musikern der Region, sodass wir zu einem großen symphonischen Orchester zusammenwuchsen, das auch in der Lage ist, die grossbesetzten Werke der Romantik zu spielen. Prof. Adts Devise war „Es gibt immer etwas zu verbessern“. Als er sein Amt 2018 aufgab haben wir erstmals über eine Ausschreibung einen neuen Dirigenten gesucht. Henri Bonamy setzte sich gegenüber einer großen Anzahl von Bewerbern durch.
Im Moment haben wir einen festen Stab von etwa 80 Mitspieler*innen, wobei nicht alle bei jedem Konzert mitspielen können. Wir proben einmal in der Woche - jeden Donnerstagabend in Icking im Rilke Gymnasium. Unser Repertoire reicht von Johann Sebastian Bach über Beethoven, Mozart, Schubert, Brahms bis hin zu Ralph Williams.
In über dreißig Jahren gab es bestimmt Aufführungen, die in Erinnerung bleiben…
…Wir haben Mozarts Zauberflöte szenisch aufgeführt auf der Freilichtbühne im Bergwald. Das war wirklich toll! Strawinskys Feuervogel auf dem Marienplatz hier in Wolfratshausen war auch ein großes Ereignis. Zudem unternahm das Orchester eine Konzertreise in unsere Partnerstadt Iruma in Japan. Seit 2009 führen wir den Verein in Eigenverantwortung und gründeten die Konzertreihe „klassik pur!im Isartal“. Mit der Einführung einer Aboreihe konnten wir unsere Kosten besser kalkulieren, sie gibt uns einen finanziellen Grundstock für unsere drei Orchesterkonzerte und drei Kammerkonzerte pro Jahr. Circa 230 Abonnenten hatten wir vor der Pandemie, jetzt sind es einige weniger. Etliche sind wegen Corona abgesprungen, andere sind älter geworden.
Für 2023 haben Sie ein spannendes Programm aufgesetzt.
Unser größtes Projekt in diesem Jahr ist ein Stummfilmprojekt mit Orchesterbegleitung. An dem Wochenende 15/16.7. 2023, zeigen wir den Stummfilm „Im Kampf mit dem Berge“ des Bergfilmpioniers Arnold Fanck aus dem Jahr 1921, der die Besteigung des 4500m hohen Lyskamm dokumentiert. Fanck hielt damit nicht nur die Bergwelt der Walliser Alpen und dem Matterhorn fest, er war auch befreundet mit Paul Hindemith, der eine großartige Musik dazu schrieb. Fancks kleine Produktionsfirma wurde bald darauf an die UFA verkauft. Diese schnitt Fancks Werk zu einem Propaganda-Film zusammen. 2010 wurden durch einen Zufall alle restlichen Filmschnipsel des Originals in Moskau, Österreich und Berlin wieder aufgefunden. In einem aufwendigen Prozess konnte das Original anhand der sehr exakten Partitur von Hindemith durch die Friedrich-Wilhelm-Murnaustiftung weitgehend rekonstruiert werden. Am 16. Juli wird neben Günther Sturm, einem Urgestein des Bergsports, Michael Pause, dem langjährigen Moderator des Magazins „Bergauf, Bergab“ auch die Enkelin von Ilse Rohde kommen, der Bergsteigerin, die damals in dem Film mitgewirkt hat und uns etwas über ihre Großmutter und den Film erzählen wird.
Außerdem stehen noch interessante Kammerkonzerte an…
Bei den Kammerkonzerten sind wir bestrebt, nicht ausschließlich Klassik anzubieten, sondern pro Jahr ein Konzert mit Musik angrenzender Genres einzubauen. Am 7.10.2023 haben wir Salome Kammer und Maria Reiter zu Gast mit Chansons aus den zwanziger Jahren in ihrem Konzert „Es liegt in der Luft!“
Und die Pläne für 2024?
Nächstes Jahr werden wir Mendelssohn Elias einstudieren und einen Tangoabend mit dem Cuarteto Rotterdam anbieten. Außerdem freuen wir uns auf ein Konzert mit 6 Cellisten, alle Meisterschüler von Wen Sinn Yang.
Was ist Ihnen abschließend noch besonders wichtig?
Unser Motto ist: Bürger spielen für Bürger! Jeder, der mitspielen möchte, ist bei uns herzlich willkommen. In unserem Orchester gibt es kein Vorspiel, wir sind kein leistungsorientiertes Orchester, sondern Liebhaber „hausgemachter“ Musik auf hohem Niveau. Momentan suchen wir noch Geigen und Fagotte. Wir freuen uns, dass wir im letzten Jahr etliche junge Mitspieler*innnen dazugewinnen konnten. Auch ein ukrainisches zwölfjähriges Mädchen ist seit einem guten halben Jahr im Orchester integriert. Sie spielt fantastisch Geige und wir haben ihr jetzt ein neues Instrument organisiert.
Fotos: Konzertverein Isartal



