Ein Eldorado für Insekten
Von Benjamin Engel
Seeshaupt, 17.7.2020 - Nur aus der Vogelperspektive enthüllt das 2500 Quadratmeter große Reich von Barbara Kopf seine wahre Gestalt. Die schmalen gewundenen Wege zwischen farbprächtigen Stauden mit dem Pavillon im Zentrum fügen sich in Blütenform zum großen Ganzen. Wer ganz nah heranzoomt, kann an einem Septembertag an den violett blühenden Silberblaukissen geschäftig surrende Bienen entdecken. In einer Ecke plätschert ein Bachlauf sanft an den Beeten vorbei. Und da und dort lugt ein Kunstobjekt aus Simbabwe aus dem Blütenmeer hervor. So können die Besucher im Schaugarten Seeshaupt auf Entdeckungsreise gehen.
„Unser Anspruch als Staudengarten ist es, dass das Ganze Jahr etwas blühen muss“, sagt Kopf. Den Sonnenhut, die Japan-Anemone oder die Hortensie lässt sie den Winter über beispielsweise stehen, schneidet die Pflanzen erst im Frühjahr zurück. Auf Pflanzenschutzmittel verzichtet die Gartenbaumeisterin. Sie arbeitet rein ökologisch. So hat sich der Schaugarten in ein wahres Eldorado für Insekten verwandelt. Das zeigt sie Besuchern, wie etwa auch den Mitgliedern des Ostuferschutzverbandes, auf Führungen. Wer mag kann sich aber auch ganz allein auf den verschlungenen Wegen umschauen – und findet überall auch noch Bänke zum Sitzen und Genießen.
1100 verschiedene Staudenarten und Blumen
Nach biologischen Gesichtspunkten haben Barbara Kopf und Helmut Klug den Staudengarten zwischen 2001 und 2002 in Seeshaupt angelegt. Dafür haben sie den Boden mit heißem Dampf erst einmal von Schädlingen befreit und gesundes Nährstoffwachstum angeregt. „Das war eine ungebrochene Wiese“, schildert Barbara Kopf. „Dann hatten wir keimfreie Erde.“ Nach etwa zwei Wochen habe sich das Bodenleben umgestellt. Heute gedeihen dort um die 1100 verschiedene winterharte Stauden, Rosen, Gehölze, Nutz- und Zierpflanzen. Jede ist mit einem Namensschild versehen. So können die Besucher den Garten auch bequem selbständig erkunden und von Bereich zu Bereich schlendern.
Drei Jahre lang existierte der Garten bis 2005 als öffentliche Anlage für die Kunden des Gartenbaubetriebs und Gäste. Danach pflegten ehrenamtliche Helfer des Ortsgestaltungs- und Verschönerungsvereins den Garten. Vor drei Jahren gründete sich der Verein Schaugarten Seeshaupt, dessen Vorsitzende Barbara Kopf ist. 400 Stunden im Jahr sind die Ehrenamtlichen dort pro Jahr im Einsatz. 42 Mitglieder hat der Verein, der sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und die Führungen finanziert. Um die 5000 Besucher kommen jedes Jahr in den Sxhaugarten.
„Wir wollten etwas für die Umweltbildung tun“, beschreibt Barbara Kopf die Ursprungsidee. Es sollte ein Lehr- und Erlebnisgarten auf ökologischen Prinzipien werden. Denn reines Fachwissen bringe die Menschen nicht zum Umdenken, sagt Barbara Kopf. So organisiert der Betreiberverein zwei Feste im Jahr, führt Gruppen oder organisiert Kinderworkshops. Ganz wichtig sei es die Jugend an Bord zu holen, berichtet Barbara Kopf. Denn nur so bekomme sie ein Gespür für die Natur.
An Erlebnisstationen können die Besucher allerhand wissenswertes erfahren, etwa dass Erdbeeren besonders gut gedeihen, wenn die Blüten von Bienen befruchtet werden. Die Hecken rund um den Pavillon im Zentrum der Gartenanlage zeigen, dass auch Kornellkirschen, Buchen- oder Feldahornhecken schöne Alternativen zur Tuja sein können.
Die Pflanzengesundheit fängt beim Boden an
Wichtig ist für Barbara Kopf, dass der Boden im Garten immer schön gemulcht wird. Denn die Pflanzengesundheit fängt beim Boden an. Dafür experimentiert sie auch gerne, etwa mit ihrer ganz eigenen Form der Terra Preta. Wissenschaftler haben die schwarzen, besonders fruchtbaren Erdschichten im Amazonas untersucht. Dort hatten die einheimischen Indigenen durch kontrollierte Brandrodung ihre Böden kultiviert. Sie vermischten die Holzkohle mit Grünabfällen und ihren Exkrementen, um fruchtbaren Untergrund für den Pflanzenanbau zu gewinnen. In Seeshaupt hat Barbara Kopf ihre eigene Kompost-Mischung umgesetzt – aus 20 Prozent Holzschnitt, 40 Prozent Grünabfällen, Kuhmist vom Bio-Bauern und Pflanzenholzkohle. Das hat sie zerkleinert und unter Luftabschluss gelagert. Im nächsten Jahr werde sie sehen, wie sich das auswirkt, sagt sie.
Schwarz und geheimnisvoll ist auch die Skulptur „Changing in a Buffalo“ von Trust Derere. Sie steht für Kraft, Mut und ein Leben im Einklang mit der Natur, wie der Besucher auf einer Tafel lesen kann. Es ist nur eines der Kunstwerke aus Afrika zwischen den blühenden Stauden der Anlage. „Völkerverständigung ist uns ein großes Anliegen“, sagt Barbara Kopf.
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Fotos: Benjamin Engel




