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Der weltberühmte Expressionist Karl Schmidt-Rottluff im Buchheim-Museum

Ein Rausch fürs Auge

Von Susanne Hauck

Bernried, 1.10.2018 - Dem Buchheim-Museum ist ein Bravourstück gelungen: Der Kunstmäzen Hermann Gerlinger hat letztes Jahr seine Bilder der berühmten „Brücke“-Maler als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Es ist die größte Privatsammlung der Künstler-Gruppe, viele Gemälde haben Weltgeltung, die Mitglieder sowieso: Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, auch Emil Nolde und Max Pechstein zählen dazu. Und vor allem Expressionist Karl Schmidt-Rottluff, der die deutsche Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts entscheidend beeinflusste. Ihm widmet das Museum nun eine eigene Ausstellung.

Das Oberland ist längst ein Zentrum für den deutschen Expressionismus geworden: mit dem Franz-Marc-Museum in Kochel, dem Campendonk-Museum in Penzberg, dem Buchheim-Museum in Bernried. Dieses baut seine Bedeutung mit der Ausstellung über den gefeierten Maler Karl Schmidt-Rottluff weiter aus.

„Die malerische Pranke eines Löwen“

Hermann Gerlinger bleibt beim Rundgang vor einem Gemälde in leuchtenden Farben stehen. Es zeigt einen Mann und eine Frau, die sich einander schüchtern und liebevoll zuwenden. Erstmals gesehen hat Gerlinger das Bild 1975, als er bei Schmidt-Rottluff zu Besuch war. „Da zog er dieses Doppelporträt hervor“, erinnert sich der Würzburger Unternehmer, der für seine Verdienste um die „Brücke“-Maler vor kurzem den Bundesverdienstorden erhalten hat. „Und ich stellte die kühne Frage, ob er sich vorstellen könne, das Bild zu veräußern.“ Als Gerlinger erfuhr, dass es sich bei „Du und ich“ um das Hochzeitsbild handelte, das Karl Schmidt-Rottluff seiner Frau 1919 zur Vermählung schenkte, schien die Sache aussichtslos. Doch nach einigen Wochen sei ein Brief gekommen: „Es ist für Sie reserviert.“ 

Gerlinger machte sich sofort auf den Weg nach Westberlin, um es abzuholen. Sobald er die DDR durchquert hatte, habe er es kaum abwarten können, auf dem nächsten Parkplatz den Kofferraum aufzumachen. „Eine halbe Stunde lang habe ich das Bild nur angeschaut.“ Es war auch das letzte Mal, dass er den berühmten Maler sah. Schmidt-Rottluff starb wenige Wochen später im Alter von 91 Jahren. Über die Jahre hatte Gerlinger eine Freundschaft zu dem als sehr verschlossen geltenden Künstler aufgebaut, der über 50 Jahre eine glückliche Ehe „ohne Affären und Skandale“ führte. „Er war überhaupt nicht barsch“, räumt Gerlinger mit „unsinnigen Äußerungen“ auf. „Schmidt-Rottluff war nur sehr zurückhaltend, er wollte nicht fotografiert werden und sein Privatleben nicht in die Öffentlichkeit tragen.“

Schon der 15-jährige malte perfekt

Über 200 Werke sind ausgestellt. Landschaften, Akte, Porträts, Selbstbildnisse. Die Sammlung ist allein deshalb bemerkenswert, weil das gesamte Lebenswerk von 1898 bis 1974 präsentiert wird. Schon der 15-jährige Gymnasiast Karl Schmidt fertigte technisch perfekte Aquarelle, deren Modernität die Handschrift des späteren Expressionisten erkennen lässt. Bald schon hieß es, er habe „die malerische Pranke eines Löwen“. Der Künstlername „Rottluff“ geht übrigens auf seinen Geburtsort bei Chemnitz in Sachsen zurück.

Ein großer Glücksfall

„Es ist die schönste Ausstellung, die ich meiner Laufbahn je gemacht habe“, so begeistert äußerte sich Daniel Schreiber. Der Leiter des Buchheim-Museums hat das Ehepaar Gerlinger dazu bewegen können, seine Sammlung als Dauerleihgabe (für zunächst zehn Jahre) zu überlassen. Ein ganz großer Glücksfall. Denn die Gerlingers waren lange mit einem anderen Museum verbunden. Das brachte es aber fertig, ein Bild zu verlieren. Schreibers Strategie ist aufgegangen, die Attraktivität des Museums mit Leihgaben zu erhöhen. Solche waren nämlich unter den Buchheims verboten gewesen, was aber zu einem drastischen Besucherschwund geführt hatte. 2013 war der Tiefpunkt mit 56.000 Eintrittskarten erreicht, 2017 fuhr Schreiber mit 125.000 Tickets das beste Ergebnis seit 16 Jahren ein.

„Schmidt-Rottluff: Form. Farbe. Ausdruck!“ ist bis 3. Februar 2019 im „Museum der Phantasie“ in Bernried zu sehen. Eine „Expertenführung mit Sammler Hermann Gerlinger und Direktor Daniel Schreiber“ steht am 21. Oktober und 15. Dezember, 15 Uhr, auf dem Programm


Foto: Susanne Hauck, Buchheim-Museum

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