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Kulturbühne Hinterhalt

Erfrischender Ungehorsam

Von Peter Herrmann

Gelting, 6.8. 2021 – Mit Arno Gruens Buch „Wider den Gehorsam“ setzten sich am Dienstagabend der Kabarettist Max Uthoff („Die Anstalt“) und der Münchner Musiker Konstantin Wecker in einem erstmals aufgeführten Programm auseinander. Der präsentierte in der Kulturbühne Hinterhalt zudem Klassiker und neue Lieder aus seinem umfangreichen Repertoire.

Botschafter der Demokratischen Schule

„Ich begrüße Sie zu einer Veranstaltung die spannend wird, weil wir nicht wissen, was passieren wird“, schickte Uthoff voraus. Gemeinsam mit Konstantin Wecker setzt sich der 53-jährige Kabarettist als Botschafter für die Demokratische Schule München ein. Dieser Verein will seit vielen Jahren die Gründung einer freien Schule in München, an der selbst- statt fremdbestimmt gelernt werden kann, durchsetzen. Dazu passten die von Uthoff gelesenen Textauszüge aus dem Buch „Wider den Gehorsam“, das der 2015 verstorbene Autor und Psychoanalytiker Arno Gruen kurz vor seinem Tod veröffentlicht hat. „Gehorsam macht unfähig, selbst zu denken“, zitierte Uthoff. Er berichtete von erschreckenden wissenschaftlichen Experimenten, in denen Menschen blind Befehlen folgten und sogar zu Folterungen bereit waren. Dazu erzählte Konstantin Wecker Anekdoten aus seiner Jugend. „Ich riss oft von zu Hause aus, weil ich in Italien als freier Dichter leben wollte“, gestand der Musiker. Im Alter von 19 Jahren landete er deshalb sogar einmal im Gefängnis. „Mein Vater holte mich ab und sagte: Zwischen einem Künstler und Verbrecher besteht nur ein kleiner Unterschied. Zum Verbrecher taugst du aber nicht“, berichtete Wecker.

Balladen und politische Forderungen

Zwischendurch sang Konstantin Wecker eine aktualisierte Version seiner Anti-Faschismus-Ballade „Willy“, Schlaflieder für seine Kinder und einige seiner größten Erfolge wie „Stilles Heim, trautes Glück“ und „Die weiße Rose“. Klare politische Ansagen machte abschließend Max Uthoff, in dem er den „verknöcherten Freistaat Bayern“ zur Änderung des bestehenden Schulsystems aufforderte und für eine Abschaffung von Noten plädierte. Zudem rechneten Wecker und Uthoff mit der von Faschisten unterwanderten Querdenkerbewegung ab und forderten eine Öffnung aller europäischen Außengrenzen zur Aufnahme von Flüchtlingen. „Es ist eine grenzenlose Welt, in der ich leben will“, sagte Wecker kurz vor seiner letzten Zugabe. Mit seinem Klassiker „Wenn der Sommer nicht mehr weit ist“ klang ein Abend aus, an dem beide Künstler für kontroversen Gesprächsstoff gesorgt hatten. Das zuvor getestete Publikum bedankte sich dafür mit stehenden Ovationen. Unterstützt haben die Veranstaltung der Bund für Geistesfreiheit, die Giordano Bruno Stiftung sowie der Verein „Das andere Bayern“. Der Erlös des Abends kommt der Demokratischen Schule München zugute.

Info: Die Livestream-Aufzeichnung ist weiterhin auf dem Youtube-Kanal der Kulturbühne Hinterhalt zu finden unter: https://www.youtube.com/watch?v=G4-9bPp-DAc

Fotos: Peter Herrmann


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