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Die Ickinger Künstlerin Reinhild Stötzel

Kompositionen im Lockdown

Von Andrea Weber

Icking/Dorfen, 18.12.2020 – Normalerweise lädt die Ickinger Malerin Reinhild Stötzel zum Jahresende in ihr Atelier ein, um ihre neuen Arbeiten bei Punsch und Plätzchen vorzustellen. Doch heuer bleibt das Atelier für die Besucher geschlossen. Reinhild Stötzel hat sich seit dem ersten Lockdown mit der sogenannten konzeptionellen respektive experimentellen Kunst auseinandergesetzt. Sie nennt die neu entstandenen Arbeiten schlicht „Coronabilder“.

„Wenn ich etwas male, verbinde ich es immer mit der Zeit, in der das Bild entsteht“, erklärt die Künstlerin. Es ist Mai. Der Lockdown kam. Für Reinhild Stötzel, wie für alle Menschen weltweit, eine neuartige Situation. „Wenn man anderen beim Spazierengehen begegnete, dann wechselten sie die Straßenseite.“ Es kam der Frühling, alles grünte, und mit ihm die Hoffnung, dass diese Pandemie nur ein Spuk sein würde. „Ich bin grundsätzlich ein positiver Mensch und glaubte, dass im Sommer das normale Leben zurückkehren wird“, erinnert sie sich. In dieser Zeit der ersten coronabedingten Isolation entstanden ihre sogenannten „Corona-Bilder“. Es sind akribisch gezogene Streifen in exakt gleicher Breite, die entweder horizontal oder senkrecht über die Komposition verlaufen. 

Die Wirkung nicht vorhersehbar

Innerhalb der Streifen setzt sie Farbverläufe, die sie nicht komponiert, sondern die Farben intuitiv setzt. So sind die Frühlingsbilder zart und frisch, die Sommer-Coronabilder farbstark und leuchtend und diejenigen, die im Herbst entstanden sind, haben eine erdige Grundtendenz. Sie spachtelt die Bilder so subtil mit hochwertigen Ölfarben, so dass der fließende Farbwechsel kaum erkennbar ist. Es ist experimentelle respektive konzeptionelle Kunst, mit der sich Stötzel bereits während ihres Studiums zur Kunstpädagogin in München intensiv auseinandersetzte. „Ich habe eine Idee im Kopf“, sagt Stötzel. Nur die Wirkung, die entstünde, sei nicht vorhersehbar. Diese im Grunde lapidaren Streifen haben eine enorme Reflektion. 

Täuschende Wahrnehmung

Der Blick des Betrachters kann keinen Punkt fixieren, und wie etwa bei Landschaftsmalerei, sich im Gesamteindruck der Komposition nicht vertiefen. Hier wird der Blick gezwungen ständig hin und her zu springen. Jeder Farbstreifen beeinflusst unweigerlich den nächsten. Kontraste und Räumlichkeit täuschen die Wahrnehmung. Unsicherheit in Bezug auf den eigenen Sinneseindruck entsteht. Für die Ickinger Künstlerin haben diese Bilder die klare Aussage von „Ungewissheit“. Im übertragenen Sinne eine Ungewissheit, die derzeit wohl die meisten Menschen plagt.

Mehr über die Künstlerin Reinhild Stötzel unter www.atelier-stoetzel.de 

Fotos: Andrea Weber


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