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Kinostart „Joy in Iran“ - Neuer Dokumentarfilm über die „Clowns ohne Grenzen“ von Walter Steffen

Rote Nasen im Iran

Von Benjamin Engel

Seeshaupt, 20.1.2019 - Lachen verbindet Menschen und überwindet Grenzen. Das ist von den Gesichtern der Besucher im Kinosaal wie der Kinder auf der Leinwand überdeutlich abzulesen, wenn „Happ“, „Hepp“ und „Hupp“ loslegen. Die drei Clowns setzen sich ihre roten Nasen auf, gehen auf die Bühne, tanzen und singen. Jetzt braucht ihnen nur noch ein Missgeschick zu passieren, und die Kinder fangen an zu grinsen. Je absurder und komischer die Verwicklungen auf der Bühne werden, desto schallender lachen sie. Der Dokumentarfilm „Joy in Iran“ hat im Rio-Kino am Rosenheimer Platz in der Landeshauptstadt München Kino-Premiere gefeiert. Seit dem 17. Januar 2019 ist er in 33 Kinos bayernweit zu sehen. Deutschlandweit zeigen laut Walter Steffen etwa 50 Kinos den Dokumentarfilm.

In seinem neuen Dokumentarfilm „Joy in Iran“ hat der Seeshaupter Regisseur Walter Steffen berührende Szenen in dem vorderasiatischen Land eingefangen. Zwei Wochen lang hat er „Happ“, „Hepp“ und „Hupp“ alias Susie Wimmer, Andreas Schock und Monika Single von der Organisation „Clowns ohne Grenzen“ bei ihren Auftritten im Iran begleitet. Nur mit der Handkamera filmte er in Flüchtlingscamps für Afghanen, in Krankenhäusern, auf Stationen für geistig Behinderte oder Waisenhäusern.

Wie nachdrücklich die Auftritte der Clowns auf die Menschen wirken, zeigt wohl kaum etwas so deutlich, wie die Reaktion eines jungen autistischen Mannes in einem Flüchtlingscamp. Als „Happ“, „Hepp“ und „Hupp“ nach einem Auftritt mit dem Auto wegfahren, rennt der junge Mann neben dem Wagen her. Er läuft und läuft, lässt sich gar nicht abschütteln. Er winkt, streckt die Hand den Clowns entgegen, so als wolle er sie gar nicht gehen lassen. Und noch im Laufen sagt der junge Mann „Ich werde nie müde, ich kann bis nach Amerika laufen.“

Für Walter Steffen ist diese Reaktion sinnbildhaft. Die Menschen seien nach den Auftritten der Clowns so glücklich und erfüllt. „Sie wollen die Clowns nicht loslassen“, sagt der Regisseur. Während der zweiwöchigen Dreharbeiten im Iran habe er viel Glück und Freude gespürt. Die Menschen seien ganz anders, als er es erwartet habe. Sein Fehler sei gewesen, vom Regime auf die Bevölkerung im Land zu schließen. „Die Menschen waren so friedlich und so poetisch, wie ich es auf meinen Reisen noch nie kennengelernt habe“, schildert Walter Steffen.

„Ich habe den Film nur gemacht, damit sie ihre Arbeit weitermachen können.“

Schon seit 2009 haben den Seeshaupter Dokumentarfilmer die „Clowns ohne Grenzen“ beschäftigt. Damals lernte er die Weilheimer Künstlerin Susie Wimmer kennen. Von der zweiten Vorsitzenden der Organisation und ihrer Arbeit war er fasziniert. Als ihre Aufgaben sehen die Clowns, Menschen in Krisengebieten wieder Lebensmut zu schenken, ihnen einige Augenblicke voll Freude und unbeschwerter Heiterkeit zu vermitteln. „Ich habe den Film nur gemacht, damit sie ihre Arbeit weitermachen können“, sagt Walter Steffen. Daher ruft er das Publikum bei der Premiere auch zu Spenden für die „Clowns ohne Grenzen“ auf.

Unter anderem hat der FilmFernsehFonds Bayern das Projekt gefördert. Ein Drittel der Kosten von 100 000 Euro für den Dokumentarfilm hat Walter Steffen selbst finanziert. Eineinhalb Jahre hat er an der Fertigstellung gearbeitet. Doch beinahe hätte der Regisseur sein Vorhaben aufgegeben, die Clowns in den Iran zu begleiten. Zweimal hatte Walter Steffen ein Journalistenvisum für die Reise beantragt. Einmal hatte er keines bekommen und als es beim zweiten Versuch damit klappte, erkrankte er und konnte nicht reisen. Doch schließlich rief ihn Susie Wimmer an, um ihm zu erzählen, bald wieder in den Iran aufzubrechen. Kurzentschlossen kaufte sich Walter Steffen eine kleine Handkamera und begleitete die drei Clowns mit einem Touristen-Visum auf ihrer Reise durch den Iran.

Eintauchen in eine fremde und doch vertraute Welt

Im Film können die Gäste in Alltagsimpressionen einer fernen und doch vertrauten Welt eintauchen. Denn was die Menschen auf der ganzen Erde verbindet, ist das Lachen. Die Reaktionen der Freude gleichen sich und auf einmal spielt es keine Rolle mehr, woher jemand kommt oder was er ist. Lachen, so beschreibt es Clownin Monika Single, sei essenziell für das menschliche Miteinander. „Lachen ist ein Lebensgefühl.“ Es schaffe Geselligkeit. Den Deutschen werde oft nachgesagt, zu ernst zu sein. Vielen täte es gut, mehr zu lachen, sagt Monika Single. Denn die Augenblicke voller Freude entspannten nicht nur, sondern stärkten auch die Fähigkeit, mit widrigen Situationen umzugehen. Monika Single selbst ist Lehrerin. Während ihrer Studienzeit lernte sie die deutschen Klinik-Clowns kennen. „Das fand ich ganz toll“, erzählt sie. In der Freisinger Clownsschule „Die Kunst des Stolperns“ machte sie eine Grundausbildung und traf die Gründer von „Clowns ohne Grenzen“. Seit sechs Jahren arbeitet sie in der Organisation mit.

Monika Single arbeitet derzeit für die Johanniter in der Flüchtlingshilfe und gibt Deutsch-Unterricht. Ihre Erfahrungen als Clownin bindet sie auch in den Unterricht ein. Einerseits müsse sie zwar als Autoritätsperson agieren, aber ohne Spaß funktioniere das Lehren nicht, schildert sie. Monika Single ist überzeugt, dass jeder Mensch den Clown in sich trage. Dessen Fähigkeit zu staunen und seine Emotionen offen zu zeigen, seien zutiefst kindlich.

So bedrückend der Film „Joy in Iran“ manchmal ist, etwa wenn die Clowns geistig behinderte Jugendliche besuchen, die auf einer Station in eng zusammengestellten Gitterbetten ausharren, ist er doch beglückend und lehrt den Wert des Lachens zu begreifen. Diese Erfahrung macht auch Reza Abedini, der die Clowns und Walter Steffen als Tourguide durch den Iran begleitet hat. Weil Andreas Schock früher abreisen muss, schlüpft er in die Rolle des Clowns. „Die Realität ist nicht so ernst, wie wir meinen“, sagt er im Film. „Wir müssen darüber lachen. Das haben mich die ‚Clowns ohne Grenzen‘ gelehrt.“ Besser könnte das niemand ausdrücken.

Foto: Benjamin Engel

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