Wenn der Computer rote Kreise malt
Von Andrea Weber
Königsdorf, 26.4.2023 – Es scheint, als würden sich Linien, Bögen, Kreise in sich drehen, sich verwickeln und winden, sich fortsetzen und wiederkehren. Es sind geometrische, analytische, optische Bilder - Abstraktionen, die eine klare Sachlichkeit spiegeln. Rigmar Osterkamp aus Bichl stellt seine mit dem Computer programmierten Kunstwerke derzeit im Königsdorfer Rathaus aus. Rigmar Osterkamp macht Kunst per Code.
„Male ein rotes Quadrat, dupliziere es und verschiebe es an einen anderen Ort.“ Was banal klingt, ist aufwendige Programmierung. Bei einem Rundgang durchs Königsdorfer Rathaus – die Bilder hängen im Erdgeschoss und im Sitzungssaal – erklärt der pensionierte Wirtschaftswissenschaftler, der seit 2010 in Bichl lebt, wie er seine Bilder entstehen lässt. Es sei ein „mühsames Tüfteln und Entwickeln in einer Programmiersprache“. Osterkamp greift nicht selbst zum Stift, sondern lässt den Computer malen.
Vorbild ist die konkrete Kunst
Die Kunst war stets bei Rigmar Osterkamp ein wichtiges Thema. Als Student entwickelte er dreidimensionale Nagelbilder nach dem Vorbild des Künstlers Günther Uecker. Er interessierte sich für die sogenannte „konkrete Kunst“ von Josef Albers, jenem Bauhaus-Künstler, der mit Farbflächen optische Täuschungen entwickelte. Rigmar Osterkamp ist 1944 in Hessen geboren, in Hamburg aufgewachsen, studierte in München und arbeitete viele Jahre als Volkswirt am IFO Institut für Wirtschaftsforschung. Er leitete die Abteilungen „Gesundheitsökonomie“ und „Entwicklungsländer“. „Zu meiner Tätigkeit gehörten Berechnungen und Analysen.“
In seiner Rente wollte Rigmar Osterkamp Neues lernen. Er befasste sich intensiv mit der Programmiersprache „Processing“, mit der man Bilddateien entwickeln kann. „Es sind grafische Arbeiten, die eine weite Spanne von Ruhe bis Bewegung von expressiver Kraft bis zur zarten Verspieltheit ausloten“, sagt Osterkamp. Bis ein Ergebnis so wird, wie er es wünscht, muss er quasi die richtigen „Worte“, sprich Codes, dem Computer flüstern. „Es ist immer eine Überraschung.“ Osterkamp sitzt täglich am Computer. Gibt ein, wertet aus, gibt neu ein, bis es ihm gefällt. Ein Geduldsspiel bis sich die Linien- und Flächenstrukturen so verhalten, dass Spannung und Dynamik entstehen. In Osterkamps digitaler Bilderwelt ist kein Teilchen zu viel und kein Element zu wenig. Zwar aufwendig gedruckt – aber alle Arbeiten werden nur einmal produziert, sind also Unikate. Der Käufer erhält ein Zertifikat.
Die Ausstellung ist noch bis zum 30.Juni d.J. im Rathaus von Königsdorf zu sehen.
Foto: Andrea Weber