Oberland.de Buchvorstellung: „München 1972“ von Karl Stankiewitz
Wie Olympia eine Stadt veränderte
Rezension von Andrea Weber
München, 15.12.2021 – Zeitzeugen erinnern sich: XX. Olympischen Spiele 1972 in München. Eine Stadt im Aufbruch. Alles drehte sich damals um das Weltsportereignis in München. Jeder besaß das Maskottchen, den Olympia-Dackel „Waldi“ mit seinen bunten Farbenringen. Jeder wollte die Olympia-Spirale auf dem T-Shirt tragen. Man staunte über den Neubau des Olympiageländes mit seiner einzigartigen Dachkonstruktion. Die Olympiade in München war wie ein großer Schritt in eine neue Zukunft. Autor Karl Stankiewitz gibt in seinem Buch „München 72 – Wie Olympia eine Stadt veränderte“ Einblicke hinter die Kulissen: zu Finanzen, Bauplanung, politische Entscheidungen, gesellschaftliches Leben und Kuriositäten am Rande der großen Spiele. Kurzweilig, gut recherchiert und ausführlich bebildert, neu erschienen im Allitera Verlag.
„Das größte Fest der Welt bestrahlte schon eine Weile zuvor alles Leben in der Stadt.“
In seinem Vorwort schreibt Karl Stankiewitz im August 2021: „Heller denn je und weithin in die Welt hinaus leuchtete München 1972, im Jahr der XX. Olympischen Sommerspiele. Das größte Fest der Welt bestrahlte schon eine Weile zuvor alles Leben in der Stadt.“ (Anmerkung der Redaktion: Unsere Autorin Andrea Weber ist in München geboren und aufgewachsen und war zu diesem Zeitpunkt neun Jahre alt. Ein Münchner Kindl, dass dieses Fieber auf ein Sport-Großereignis miterlebte. Es war das Gesprächsthema Nummer eins zuhause mit den Eltern und in der Schule unter den Kindern. Es war der Zeitpunkt, an dem man sich den ersten Farbfernseher für die große Eröffnungsfeier kaufte, um das Spektakel vom Wohnzimmer aus farbig mitzuerleben. Eine persönliche Erinnerung.)
Auf das damalige Zeitgeschehen blickt Autor Karl Stankiewitz zurück. In seinem Buch „München 1972“ beleuchtet er in einzelnen übersichtlichen Kapiteln alle Hintergründe von der Planung, dem Bau bis zum Beginn der Spiele und weit danach. Er lässt dabei den Terroranschlag auf die Mitglieder der israelischen Mannschaft nicht außer Acht. Auch dieses schreckliche Ereignis kann und darf nicht verschwiegen werden und gehört zur Münchner Olympiageschichte. Dennoch geht es in diesem Buch vorwiegend um die Zeit 1972 und den Wandel einer Großstadt zur Weltstadt. Stankiewitz beschreibt die Begebenheiten in einer kurzweiligen und sachlichen Sprachweise, schweift nicht ins Tausendste ab, wird nie pathetisch oder langatmig. Als Journalist weiß er, wie er den Leser mit klarer und inhaltlich spannender Art durch den Lesestoff leitet.
„A Wonderful World“
Das Buch ist kein Roman mit Anfang und Ende. Vielmehr gibt Stankiewitz Einblicke in die Geschehnisse in sich abgeschlossenen Kapiteln, zusammengefasst unter Vorspiele, Zwischenspiele, Endspiel und Nachspiel. Der Leser kann sich nach eigenem Gusto die entsprechenden Kapitel heraussuchen, die ihn im Besonderen interessieren. Zum Beispiel: „Ein Dorf für alle Welt“ – darin beschrieben ist der Bau des Olympischen Dorfes, die besondere Architektur, die Nutzung, die Finanzierung und schließlich das Leben der Spitzensportler während der Spiele. Im Kapitel „Unsere Stadt soll schöner werden“ schreibt Stankiewitz: „Schon die Vorbereitungen 1966 waren für die junge Millionenstadt eine Herausforderung, Modelle für das nächste Jahrhundert zu bauen.“ Als Beispiele gibt der Autor an, den Neubau des Kaufhofs am Marienplatz, den Hochzylinderbau von BMW, den Vergnügungspalast „Schwabilon“, und das erste Holiday Inn. „A Wonderful World“ steht als Zwischenüberschrift auf diesen Seiten.
„Frohe Feste, liebe Gäste“. „Gold für die Kultur“ und „allerhand Gaudi“. Aber auch die kritischen Aspekte lässt Stankiewitz nicht außen vor. „Sport und Konflikte“ und die Sicherheit der Spiele beleuchtet der Autor und gibt Anmerkungen „Unterm schwarzen Strich“ auf das Für und Wider eines solchen Jahrhundertprojekts. Plakativ lässt er diese Zeit durch historische Fotografien und Bilder aus der Gegenwart aufleben. Ein Blick von oben auf den Bau des ehemals als Schuttablagerungsplatz genutzten Oberwiesenfelds zeigt, wie damals das Großprojekt entstand. Für alle Zeitzeugen ist dieser dokumentarische Rückblick auf „München 1972“ ein spannender Bericht. Für die kommenden Generationen ein Zeitdokument Münchner Geschichte.
Karl Stankiewitz war damals Korrespondent für auswärtige Zeitungen und berichtete laufend über das olympische Geschehen in Nachrichten und Reportagen. Aus seinen Texten über Probleme und Pannen, kuriose Begleiterscheinungen, aber auch Widerstand und Aufruhr ist jetzt zum 50-jährigen Jubiläum der XX. Olympischen Sommerspiele 1972 in München dieses Buch entstanden.
KARL STANKIEWITZ, geboren 1928 in Halle, arbeitet seit 1947 nach wie vor als Journalist und Buchautor für die Süddeutsche Zeitung, die Abendzeitung und zahlreiche andere Medien. Als Reporter berichtete er aus aller Welt. In bisher 34 Sachbüchern befasst er sich überwiegend, breit gefächert und kritisch mit Themen zu München, Bayern und den Alpen. Der Internationale Presseclub zeichnete ihn aus »für hervorragende journalistische Arbeiten über die bayerische Landeshauptstadt«.
Weitere Infos und Bestellmöglichkeit unter www.allitera-verlag.de/buch/muenchen-1972-olympiade/
Fotos: Allitera Verlag



