Ausstellung im Bergkramerhof bis Ende Januar 2020
„Wie viel Faust sind wir heute?“
Von Benjamin Engel
Bergkramerhof, 19.12.2019 - Narzisstische Größenphantasien und die Verführbarkeit durch das Böse zählen zu den menschlichen Urthemen. In der europäischen Literatur kulminiert dies im Teufelspakt des Faust. Sowohl Johann Wolfgang von Goethe, Thomas als auch Klaus Mann haben den Stoff und die damit verbundene Frage nach Erlösung in ihren Werken aufgegriffen. Daraus entwickelt eine aktuelle Schau im Bergkramerhof die Frage „Wie viel Faust sind wir heute“. Zu sehen sind in der von der Franz-Graf-von-Pocci organisierten Ausstellung noch bis Ende Januar Originaldokumente zur Entstehungsgeschichte der Romane von Thomas und Klaus Mann. Im Januar vertiefen ein Vortrag und eine Lesung die Thematik.
Für den Vorsitzenden der Pocci-Gesellschaft, Michael Köhle, gibt es auch Anknüpfungspunkte Franz Graf von Pocci (1807-1876) und dem Fauststoff. Wenn der langjährige hohe Hofbeamte und Künstler seine selbst entwickelte Figur des Kasperl Larifari auf Hexen und Zauberer treffen lasse, hänge das eng mit der Rolle des Teufels zusammen. So sind in der jetzigen Schau auch Zeichnungen Poccis mit Abbildungen des Mephisto zu sehen.
Zwei Teufelspakte
„Die Frage ist, wer ist der Teufel“, sagt Michael Köhle. In seinem Roman „Doktor Faustus“ beschreibt Thomas Mann gleich zwei Teufelspakte. Er verknüpft das Schicksal des nach künstlerischer Perfektion suchenden Komponisten Adrian Leverkühn mit dem Hitler-Deutschlands und der Verbrechen der Nazi-Diktatur. Mit dem Roman wird sich der Germanist Eckhard Zimmermann am Donnerstag, 9. Januar, beschäftigen (Beginn: 19.30 Uhr). Er hat die Urform der jetzigen Ausstellung gemeinsam mit Dieter Strauss bereits im Vorjahr in den Räumen der Fachberatung für Heimatpflege in Benediktbeuern kuratiert.
Im „Faust II“ hat Goethe mit der Darstellung des Dammbaus zur Landgewinnung den technischen Machbarkeitswahn des modernen Menschen mit den Folgen des Klimawandels bereits vorweggenommen. Für Michael Köhle wäre dies zumindest eine Interpretationsmöglichkeit. Das der Mensch zwar meine, die Natur beherrschen zu können und trotzdem von den negativen Folgen eingeholt werde, könne ebenfalls als Teufelspakt verstanden werden.
In Goethes Faust bezeichnet sich Mephisto selbst als „Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“. Das ist auch das Motto der Finissage der Ausstellung am Donnerstag, 30. Januar. Von 19.30 Uhr an lesen Beate Himmelstoß und Friedrich Schloffer Szenen aus dem Hauptwerk Goethes. Geöffnet hat die Schau täglich bis Ende Januar am Bergkramerhof bei Wolfratshausen zwischen 10 und 18 Uhr.
Bergkramerhof: www.gc-bergkramerhof.de
Fotos: Benjamin Engel