Ausstellung "The Hammer and the Dance" - Litzinger Villa, Dorfen
Wo Dämonen und Geister leben
Von Andrea Weber
Icking/Dorfen, 9.10.2020 – Neun Absolventen der Münchner Akademie für Bildende Künste haben die Litzinger Villa, benannt nach ihrem ehemaligen Besitzer, zu einem Gesamtkunstwerk gestaltet. Die Ausstellung „The Hammer and the Dance“ ist noch bis 18. Oktober geöffnet.
Imposant steht die Bauhaus-Villa wahrlich in exponierter Hanglage mit unverbaubarem Blick ins Oberland im Ickinger Ortsteil Dorfen. Sie wurde in den 1960ger Jahren erbaut und galt damals in einschlägigen Medien als Beispiel moderner Architektur. Doch inzwischen ist das Anwesen morbide geworden. Muffige Teppiche, blumige Tapeten, eine Einbauküche in Babyrosa, Gaggerlgelb und Himmelblau steht funktionstüchtig da, als hätte die Hausfrau von einst gerade aufgeräumt.
Nun hat der Ickinger Architekt Wieland Schorer sich einen Traum erfüllt und will das Anwesen renovieren. Doch dann kam ihm mit seinem Schulfreund Michael Wendt die Idee, das Haus Künstlern zu überlassen bevor der große Hammer kommt. Neun Absolventen der Akademie der Bildenden Künste in München haben eine Ausstellung konzeptioniert. Unter dem Titel „The Hammer and The Dance“ ist ein Gesamtkunstwerk entstanden, das zum Teil invasiv in die Bausubstanz eingegriffen hat. Sie sagen: „Jedes Haus hat etwas geisterhaftes und dämonisches“, aber finden es nicht als bedrohlich.
Spektakuläre Räume mit Weitblick
Es ist ein Experiment, findet Wieland: „Was entstehen für Gefühle in einem Haus, dessen Geschichte keiner so genau kennt.“ Der 58-jährige Architekt staunt, was entstanden ist. Bildhauer Johannes Thum (31 Jahre) wuchs in Münsing auf und lebt in München. Er war der Initiator, der die Gruppe von neun Künstlern und Künstlerinnen aus München und Umgebung zusammen holte. „Jeder von uns arbeitete individuell“, sagt er. Doch jeder von ihnen lies die spektakulären Räume mit den großen Glasfronten, dem irren Weitblick und seiner kühlen Architektur auf sich wirken. So wurden teils Böden herausgeschlagen und die Kacheln in einen neuen Kontext gestellt. Es wurden alten Tapeten abgerissen oder bewusst in die Kunstinstallation integriert. Es wurden Wände grob bearbeitet, Durchbrüche geschlagen oder Öffnungen geschlossen. Jeder Raum von einem Künstler gestaltet mit einem eigenen Ansatz und Ausdruck und doch hat sich wie von selbst ein Gesamtkontext ergeben, der vielleicht ein stückweit den Mythos wahr werden lässt, dass in alten Räumen doch Geister wohnen.
Die Künstler und ihre Arbeiten:
Johannes Thum, „Gegenspiel Abzugshaube“, Starre Form, Relief mit Fratzen aus dem Totemkult; Ort Terrasse; „Große Welle“, alte Bodenkacheln, Ort Keller
Vincent Vandaele, Skulptur und Installation „Gewalt und Unterdrückung“, Knete und Karton, Ort Wohnraum
Iris Böhnlein, chamanisch-hexenhafte Installation aus Fundstücken der Natur, Schlafraum
Anne Seiler, Zelt aus Stoffen von Yves Saint Laurent und Chanel, Vorraum
Lukas Hoffmann, „Futuristische Treppen ins Nirgendwo“, Installation aus Ästen, Aluminium und Kunststoff, Hobbykeller
Jakob Gilg, „organisch/kubistisch – Mensch und Architektur“, Malerei, Kellerflur und Kellerraum
Lilian Robl, messerscharfe Cutterklingen, Aluminium graviert, Kellerraum
Josef Köstlbacher, „dämonisch“ Siebdruck und Malerei, Kellerflur
Paulina Nolte, „Das dominierende Wesen“, Bleistiftzeichnung, Fensterfront
Die Ausstellung „The Hammer and The Dance“ in der Litzinger Villa läuft bis 18. Oktober, Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag von 13 bis 19 Uhr, Meilenberger Straße 16, 82057 Icking, Ortsteil Dorfen
Fotos: Andrea Weber



