Historischer Verein Wolfratshausen
Regionale Geschichte erleben
Von Peter Herrmann
Wolfratshausen, 7.2.2019 – Vor 22 Jahren gründete sich der Historische Verein Wolfratshausen und erinnert seither mit Führungen, Vorträgen und selbst herausgegebenen Büchern an geschichtliche Ereignisse in der Region. Nun stellten die beiden Vorsitzenden Dr. Sybille Krafft und Bernhard Reisner das neue Jahresprogramm vor. Es spannt einen weiten Bogen von jüdischen Architekten über „entartete Musik“ bis hin zum einst in Pullach ansässigen Bundesnachrichtendienst.
Auftakt im Badehaus Waldram
Los geht’s bereits am 24. Februar um 18 Uhr mit einem Vortrag von Dr. Kaija Voss über die „Jüdische Architekten der Moderne und ihr Wirken in der Welt“ im Badehaus Waldram. Nicht weniger interessant wird es am 8. März um 19 Uhr ebenfalls im Badehaus Waldram bei der szenischen Lesung „Hysterische Furien und schnatternde Gänse”. Erinnert wird dabei an die bayerische Revolution, die den Frauen 1918 das aktive und passive Wahlrecht brachte. Seither gibt es auch im bayerischen Parlament weibliche Abgeordnete. „Bis 1933 waren das nur 19 Frauen, eine kleine Minderheit gegenüber der großen männlichen Politikerschar“, erklärt Sybille Krafft. Passend zum internationalen Frauentag erzählt ein inszeniertes Hörbild der Münchner Autorin Karin Sommer von der Geschichte der politischen Pionierinnen in Bayern. Dazu gibt es Lieder vom Sirenenchor des Kulturvereins Isar-Loisach und einen Kurzfilm über die FDP-Politikerin Dr. Hildegard Hamm-Brücher. Anschließend berichten Stadträtinnen aus Geretsried und Wolfratshausen von ihren Erfahrungen in der Politik.
Es folgen am 28. April, um 19 Uhr im Badehaus Zeitzeugenberichte über den „Todesmarsch“ mit einer historischen Einführung von Emanuel Rüff, Musik sowie einer filmischen Collage von Dr. Sybille Krafft und Rüdiger Lorenz. „Gegen Kriegsende wurden die KZ-Häftlinge aus Dachau und dessen Außenlagern auf einen Evakuierungsmarsch gezwungen. Qualvoll mussten sich die geschundenen Menschen Richtung Süden schleppen. Tausende starben dabei an Entkräftung oder wurden von den Wachmannschaften ermordet“, erläutert die Filmautorin die Thematik.
Kooperation mit dem Kulturverein Isar-Loisach
Sehr viel Aufwand betreibt der Historische Verein für die am 10. Mai in der Loisachhalle stattfindende Veranstaltung „Verbrannte Bücher und entartete Musik“. Dabei werden prominente Gäste aus verfemten Werken lesen oder sie in Szene setzten. Darüber hinaus stellen SchülerInnen verfolgte KünstlerInnen vor. Der Benefizabend für das Erinnerungsprojekt Badehaus findet in Kooperation mit dem Kulturverein Isar-Loisach statt. Im Mittelpunkt dieser großen Veranstaltung, die seit vielen Jahren auch überregionalen Zuspruch erfährt, stehen heuer erstmals verfolgte KomponistInnen, InstrumentalistInnen, SängerInnen und AutorInnen.
Zu dem Vortrag „Von Händlern, Handwerkern und Ingenieuren – Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Isar- und Loisachtal“ lädt Bernhard Reisner am 27. Juni ab 19 Uhr in den evangelischen Gemeindesaal ein. „Durch das Gebiet führten seit jeher wichtige Handelswege zu Wasser und zu Lande. Neben den Flößern und Fuhrleuten gab es auch zahlreiche Tagelöhner und Handwerker wie Kalkbrenner, Korbflechter oder Glasbläser. Sie prägten die Wirtschafts- und Sozialgeschichte unserer Gegend ebenso wie Bauern, Knechte, Tagelöhner und Kleinhäusler“, erklärt Reisner. Mit dem Bau der Isartalbahn, durch die Einführung der Elektrizität und andere infrastrukturelle Veränderungen setzte Ende des 19. Jahrhunderts auch im Oberland eine wirtschaftliche Dynamik ein, die bis heute anhält.
Tag des offenen Denkmals
Der „Happschen Apotheke – Ein Kleinod im Untermarkt“ ist der Tag des offenen Denkmals am 8. September gewidmet. Seit 1810 besteht für das Haus am Untermarkt 13 eine „Apothekergerechtigkeit“, die 1889 von Dr. Josef Happ erworben wurde. Fast 120 Jahre lang betrieb die Familie Happ die Apotheke, ehe sie geschlossen wurde und dann vor einigen Jahren in den Besitz der Stadt Wolfratshausen überging. „Es ist ein Glücksfall, dass die Ladeneinrichtung, die zum Teil aus dem frühen 18. Jahrhundert stammt, vollständig erhalten geblieben ist“, findet Reisner. In Kurzreferaten werden Ludwig Gollwitzer und Annekatrin Schulz die Historie des Hauses und der Apothekerfamilie erklären sowie über die Geschichte der Pharmazie in Wolfratshausen informieren. Mit einem Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Krieger über „Die Schlapphüte aus Pullach – Tatsachen und Legenden rund um den Bundesnachrichtendienst“ endet am 7. November im evangelischen Gemeindesaal das diesjährige Programm des Historischen Vereins.
Das Thema garantiert zweifellos für einen spannenden Abend: 1947 bis 2019 befand sich die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Pullach. Die Mehrzahl der Beschäftigten arbeitete allerdings in getarnten Dienststellen in ganz Deutschland oder im Ausland. Für die einen war und ist der BND eine Erfolgsgeschichte seines legendären Gründers Reinhard Gehlen, für die anderen ist er eine Behörde der „Machenschaften und Skandale“. Nach jahrelanger Forschungsarbeit im BND-Archiv durch den Referenten Wolfgang Krieger ergibt sich laut Krafft nun ein differenziertes Bild vom geheimsten Ort Deutschlands. „Es ist bei allen Veranstaltungen ratsam, sich frühzeitig Karten zu besorgen“, empfiehlt Reisner. Bei den kostenlosen Zeitzeugenberichten zum Todesmarsch im Badehaus sowie werden Spenden für den Erinnerungsort Badehaus erbeten. Gleiches gilt für die ebenfalls kostenfreien Vortrag über die Händler und Handwerker im Isar- und Loisachtal“ sowie bei den Führungen durch die „Happsche Apotheke“.
Info: Interessierte können sich unter der Telefonnummer 0 81 71/34 59 05 oder per E-Mail unter info@histvereinwor.de für die jeweiligen Veranstaltungen anmelden. Die Kostenbeiträge müssen auf folgendes Konto überwiesen werden: Historischer Verein Wolfratshausen, Sparkasse Wolfratshausen
IBAN: DE68 7005 4306 0000 5307 25
Weitere Infos unter: www.histvereinwor.de
Foto: Peter Herrmann







