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Wandern im Tegernseer Tal

Märchenhafte Naturschönheiten

Von Benjamin Engel

Tegernsee, 26.8.2019 - Fast wie im Paradies kann sich der Wanderer besonders an schönen Sonnentagen schon einmal im Tegernseer Tal fühlen. Zwischen den grünen Wiesen und Wäldern an den umliegenden Bergen blitzt der See dann besonders intensiv leuchtend hervor. Genau deshalb begeistert die Region wahrscheinlich so viele Besucher. Die Naturschönheiten haben sich aber auch in der Sagenwelt niedergeschlagen. So soll sich Gott ein besonderes Meisterstück überlegt haben, als er die Erde schuf. Daher füllte er in ein Tal mit Hügeln himmelblaues Wasser.

In die grünen Wiesen tupfte er bunte Blumen und überzog die umliegenden Bergspitzen mit weißem Schnee. So soll er das Tegernseer Tal geschaffen haben, was dem Teufel aber gar nicht gefiel. Der finstere Gesell brach die Spitze des Leonhardsteins ab und wollte damit das ganze Tal zerstören. Doch der gewaltige Stein entglitt ihm vor dem Wurf und rollte in den Tegernsee hinab. Dort blieb dieser liegen und ist bis heute als Ringseeinsel bekannt.

Für solche Sagen und die Bewegung in der Natur begeistert sich die Tölzerin Ursula Weber. Sie arbeitet als freiberufliche Geschichtenerzählerin und Rednerin auf Trauungen. Außerdem wandert sie gerne. Ihre Freude daran und die Kunst des Erzählens hat sie im Buch „Wandern auf märchenhaften Pfaden“ zusammengebracht. Darin beschreibt sie 15 Touren der Voralpenregion zwischen dem Werdenfelser Land und dem Wendelstein und kombiniert die Wanderungen mit passenden Geschichten. Dort ist auch die Sage von der Ringseeinsel zu lesen oder die Erzählung vom Wilderer Lampl, der auf dem Leonhardstein ertappt wurde, vom Felsen einfach in die Tiefe sprang und sich in diesem Moment in Luft auflöste.

Zauberknopf am Sonntratn

An Heinrich Spoerls Märchen vom Zauberknopf musste Ursula Weber denken, als sie auf eine mächtige Linde am Abstieg zur Sonntratn stieß. Auf diesen Gipfel bei Gaißach im Isarwinkel ist sie schon an die 30 Mal gestiegen. Denn der knapp 1100 Meter hohe Berg liegt nur unweit ihres Wohnortes entfernt und eignet sich daher perfekt für einen kurzen Erholungsspaziergang morgens, abends oder auch dank der sonnigen Südlage im Winter. Hinauf dauert es nur etwa eine Stunde. Im Frühling freut sich Ursula Weber an den üppig blühenden Buschwindröschen, Osterglocken und weitere Wiesenblumen entlang des Wegs. „Die Schönheit der Natur fasziniert mich“, erzählt Weber. „Das ist eine Tour, die mir Kraft gibt.“

Obwohl Weber sooft auf der Sonntratn war, ist sie erst kürzlich auf eine am Stammfuß halbrund ausgehöhlte, mächtige Linde gestoßen. Der perfekte Ort, um sich dagegen zu lehnen und Pause zu machen.

Im Märchen vom Zauberknopf lehnt ein junger Mann ebenfalls an einer Linde und wartet sehnsüchtig auf seine Liebste. Eine Elfe verhilft ihm zu einem Zauberknopf an der Jacke. Dreht er diesen nach rechts, kann er die Zeit vorwärts laufen lassen. Das macht er, erlebt seine Heirat und die Geburt der Kinder in wenigen Augenblicken und findet sich schließlich auf dem Sterbebett wieder. Flugs dreht er den Knopf in die entgegengesetzte Richtung. Er wacht auf und sieht, dass er nur geträumt hat.

„Glück des Augenblicks“

Für Weber ist unter der Linde das „Glück des Augenblicks“ zu spüren. Daran würden allerdings viele Menschen heutzutage gar nicht denken. Sie würden vergessen, für den Moment dankbar zu sein.Für das Glück genau im Moment dankbar zu sein. In Sagenbüchern hat Weber die Geschichten für die Touren zu faszinierenden Orten in der Region gefunden. Im Landkreis führt sie den Leser durch das Loisach-Kochelsee-Moor, rund um den Tölzer Kalvarienberg und Ellbach oder auf das Stallauer Eck bei Bad Heilbrunn. Zur Tour auf den Altlacher Hochkopf erzählt Weber von einer der Lieblingshütten Ludwigs II. und vom gruseligen Walchensee-Waller.

Die Wanderer sollen in der Natur zur Ruhe kommen und Entschleunigung erfahren, wünscht sich Weber. „Ich suche nach verwunschenen Pfaden, um die Alltagssorgen hinter mir zu lassen.“ Mehr Erdung brauchten die Menschen gerade in der heutigen von immer mehr digitaler Technik geprägten Welt.
Wer durch den Teufelsgraben wandert, taucht damit auch direkt in die Sagenwelt des Oberlandes ein. Das Tal zieht sich vom Kirchsee bei Sachsenkam etwas mehr als 23 Kilometer lang bis zum Mangfallknie. Einer Sage nach wollte der Teufel den frömmelnden Münchnern das Wasser abgraben. Dafür wollte er die Isar zur Mangfall umleiten. Mit Hilfe von üblen Geistern und Höllengestalten wühlte er sich nachts tief durch das Erdreich im Oberland. Ein Mesner aus Otterfing soll gewettet haben, dass der Teufel das nicht vor dem Läuten der Morgenglocke schaffen werde. Der Kirchenmann drehte aber die Kirchturm vor. Deshalb schlugen die Glocken früher, die Hähne krähten und der Teufel konnte sein Werk nicht vollenden. So soll der heute noch unter seinem Namen bekannte Graben entstanden sein.

15 Jahre arbeitete Weber als evangelische Religionspädagogin im Kirchendienst gearbeitet. Sie hatte Kinder unterrichtet, die schon damals begeistert waren, wenn sie erzählte. In der Kirchengemeinde Schäftlarn hielt sie Predigten und Gottesdienste. „Das Wort hat mich begleitet“, sagt sie. Im Leben habe sie nie große Pläne gemacht. Vieles habe sich einfach ergeben. So sollen sich auch die Wanderer auf die Natur einlassen von einer Biberburg, dem Rauschen des Wassers bis zu den hoch in der Luft kreisenden Milanen. Weber wünsch sich, dass die Menschen den Tag in der Natur genießen und sich erholen. Für den umweltbewussten Umgang mit und in der Natur hofft sie so mehr Verständnis.

Fotos: Benjamin Engel


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