Medizingeschichte im Isar- und Loisachtal
Historischer Verein Wolfratshausen präsentiert neues Projekt
Von Peter Herrmann
Wolfratshausen, 14.9.2014 – Zwei Jahre lang recherchierten zwölf Autoren für das 248 Seiten starke Buch „Ärzte, Hexen, Handaufleger. Medizingeschichte im Isar- und Loisachtal“, das am 14. November im Rahmen einer historischen Revue in der Loisachhalle der Öffentlichkeit präsentiert wird. Bei einem Pressetermin in der Gaststätte Löwenbräu gewährten die Vorsitzende des Historischen Vereins Wolfratshausen, Dr. Sybille Krafft, und ihr Autorenteam erste Einblicke in das reich bebilderte Werk.
Vom sogenannten Schwarzen Tod im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis1648) blieb auch Wolfratshausen nicht verschont. Bernhard Reisner, 2. Vorsitzender des Historischen Vereins, verweist auf die historische Abbildung eines Pestarztes, der eine schnabelartige Maske trug. „So sollte die Übertragung von Pestbakterien verhindert werden“, erklärt Reisner.
Der aus dem 18. Jahrhundert stammende medizinische Ratgeber „Der aufgesprungene Granatapfel“ wurde in einem Speicher in der Geltinger Ziegelei entdeckt. SZ-Autor Wolfgang Schäl stieß darin auf skurril anmutende Heilrezepte, die er nicht uneingeschränkt weiter empfehlen kann. Dagegen behauptet Anja Brandstäter „Gegen alles ist ein Kraut gewachsen“, indem sie die Arbeit der Wolfratshauser Kräuterpädagoginnen vorstellt. In einem weiteren Kapitel erklärt Brandstäter zusammen mit Reiner von Savigny die Bedeutung von Heilquellen und Nothelfern.
Etwas unheimlich mutet die Geschichte von den „drei eingepökelten Knaben“ an. Die Geretsriederin Kalja Voss befasste sich mit einer Legende, wonach ein Metzger drei Jungen eingepökelt haben soll. Der Heilige Nikolaus soll sie wieder wiedererweckt haben. In der nach ihm benannten Kapelle an der B11 ist er deshalb noch heute zusammen mit einem Kessel auf einem Altarbild zu sehen.
Erster Nudistenprozess in Wolfratshausen
Amüsanten Lesestoff verspricht die Geschichte des 1851 geborenen „Kohlrabi-Apostels“ Karl Diefenbach. Der Maler, Nudist und Veganer lebte zeitweise in Höllriegelskreuth und initiierte dort eine Lebensreformbewegung. Übereifrige Polizisten zeigten ihn an, weil sie seine Kinder nackt im Garten herumlaufen sahen. So kam es am Wolfratshauser Gericht zu Deutschlands erstem Nudistenprozess, den Anja Brandstäter in ihrem Bericht unterhaltsam darstellt.
Lebensgeschichten von Hebammen, Hexen und Zahnärzte
Nahezu 7.000 Kinder soll die heute über achtzigjährige Geretsrieder Hebamme Anna Huber zur Welt gebracht haben. Grund genug für Bernhard Reisner, ihr ein ausführliches Porträt zu widmen. Während ihre Leistung allseits Anerkennung fand, ist das Wirken von Luisa Francia umstrittener. Die zum Teil als „Hexe vom Starnberger See“ titulierte Frau verfasste ebenfalls einen Gastbeitrag. Berichte von Paul Brauner über die Wolfratshauser Friedhofsgeschichte, der Wolfratshauser Zahnartztpraxis von Peter Schweiger sowie über den Alltag im Alten Wolfratshauser Krankenhaus und die Anfänge der Kreisklinik runden das Werk ab. Auch das Dritte Reich, dessen unmenschliche Vorgaben die Arbeitsbedingungen für viele Ärzte erschwerten, wird ausführlich beleuchtet.
Präsentation in der Loisachhalle
Ganz fertig ist das Buch noch nicht. Dem Historischen Verein liegen zwar die Druckfahnen vor. Die sorgfältige Schlussredaktion und Layout-Bearbeitung wird indes noch einige Tage beanspruchen, ehe das Buch endgültig gedruckt und gebunden werden kann. Die ersten der insgesamt 2.000 Exemplare sollen dann pünktlich zur Historischen Revue am 14. November (Beginn: 19.30 Uhr) vorliegen und später im Buchhandel für 24,90 Euro verkauft werden. „Wir gehen fest davon aus, dass die erste Auflage blad vergriffen sein wird“, gibt sich Bernhard Reisner optimistisch. Schließlich fanden auch schon die vorangegangen neun Publikationen des Historischen Vereins reißenden Absatz und wurden mehrmals aufgelegt.
Kartenvorverkauf ab 15. September für die „Historische Revue“
Die 500 Tickets für die „Historische Revue“ in der Wolfratshauser Loisachhalle sind ab Montag, 15. September, zum Preis von 15 Euro (plus Vorverkaufsgebühr) bei www.muenchenticket.de und im Bürgerbüro des Rathauses in Wolfratshausen erhältlich.