Herz und Schmerz, Lacher und Kracher, Kriminalstück und genüsslich ausgekostete Klischees: Das Chiemgauer Volkstheater bescherte dem Publikum in der Loisachhalle zwei amüsante Stunden mit „Nordlicht über Bollerbach“.
Mundarttheater mit einer Portion Frechheit und Charme
Von Claudia Koestler
Wolfratshausen, 2.2.2016 – Wo samma? Do samma, im Chiemgauer Volkstheater, wo der Beginn der Vorstellung noch rustikal mit der Kuhglocke eingeläutet wird. Am Freitag gab die bekannte Bühne ein Gastspiel in der Wolfratshauser Loisachhalle. Diesmal mit dem Stück „Nordlicht über Bollerbach“, das beim Publikum in der sehr gut besuchten Halle für viel Kurzweile, Amüsement und teilweise auch ordentliche Zwerchfellerschütterungen sorgte.
Der Dreiakter aus der Feder von Ulla Kling erzählt vom Wirtspaar Monika (Kristina Helfrich) und Matthias Birkmoser (Markus Neumaier) in Bollerbach, einem kleinen bayerischen Weiler, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Und genau hier liegt auch schon das Problem: Kaum ein Gast verirrt sich mehr in ihr Wirtshaus „Zum blauen Krug“, außer dem örtlichen Mesner Benedikt (Egon Biscan) und Thilde (Mona Freiberg), die ein Auge auf Benedikt geworfen hat.
Kurz vor der Entscheidung, ob Birkmosers schließen oder nicht, erscheint unerwartet der Berliner Übernachtungsgast Jörg Knuppe (Harald Helfrich) auf der Bildfläche, der gar nicht so schnell abreisen will und zudem auch noch mit Geld nur so um sich wirft. Angeblich sucht er nur ein entlegenes Örtchen, um seiner Gattin zu entkommen, denn seine Ehe, erzählt er dem Wirt, sei wie ein „Glühwürmchen: Die Glut ist irgendwann weg, aber der Wurm ist noch drin.“
Mit dem "Nordlicht" beginnen die Turbulenzen
Dem Wirt ist es zunächst recht, schließlich klingelt es wieder in der vormals leeren Gaststuben-Kasse. Doch mit der Ankunft des eigentümlichen „Nordlichts“ („Alle außerhalb des Weißwurscht-Äquators san Nordlichter“) beginnen die Turbulenzen. Denn nicht nur wird fortan im Ringelrein um die Gunst des anderen Geschlechts gebuhlt und kocht zudem die Gerüchteküche auf über die Beweggründe Knuppes und die Herkunft des Geldes. Der solvente Knuppe unterbreitet der Wirtsfamilie schließlich sogar ein Angebot, das sie nicht ablehnen können. Der Bäckergeselle Rudi (Flo Bauer) wittert deshalb mit Thilde zusammen schon bald Verdächtiges. Und schließlich taucht auch noch Gunda Knuppe (Christine Stichler) auf, auf der Suche nach ihrem Mann, der sich inzwischen mit seinem Geldkoffer verbarrikadiert hat. Dass am Ende natürlich zusammenfindet, was zusammengehört, dafür sorgen schließlich ein paar bauernschlaue Wendungen.
Der Dreiakter unter der Regie von Mona Freiberg ist eine Komödie ohne große dramaturgische Tiefe. Muss es auch nicht als humorig-deftiges Volksstück. Denn wenn es gut gespielt ist, wird es dennoch zum genussvollen Bühnenspaß. Unterhaltsam geriet die Inszenierung deshalb, weil die Schauspieler in ihrem Element waren und ungekünsteltes, facettenreiches Spiel darboten. Eine „gmahde Wiesn“ war natürlich die Rolle von Egon Biscan als Mesner und Wirtshaushocker, zumal in der Verbindung mit Mona Freiberg als Thilde, die mit dem Senioren-Batzi gerne ihren vierten Frühling erleben würde. Flo Bauer brachte als gewitzter Bäckergeselle nicht nur Schwung ins Ensemble, letztlich zog er am Ende auch noch das große Los im Stück.
Liebenswert und nicht allzu ernst
Die klassischen Volkstheater-Tugenden machten den Abend also zu einem vergnüglichen: Liebenswertes, nicht allzu ernst zu nehmendes Mundarttheater mit einer Portion Frechheit und Charme, Spannung und vor allem dem genüsslichen Spiel mit Klischees, Verdächtigungen und Vermutungen, die immer größere Kreise ziehen. Das Publikum gluckste und lachte, zwischendurch gab es sogar Szenenapplaus, und am Ende wurden die Darsteller mit kräftigem Beifall belohnt, als es am Ende hieß: „Aus is' und gar is', und schad' is, dass wahr is'“.
Fotos: Claudia Koestler




















