Ausstellung mit Buchvorstellung „Wund-Bilder“ von Walter Raum in München
Noch nie gezeigte Seelenbilder
Von Andrea Weber
Achmühle/München, 22.1.2019 – Zum ersten Mal öffentlich werden die ausdrucksstarken „Wund-Bilder“ des Malers Walter Raum gezeigt. Sein Sohn Dr. Tobias Raum initiiert im zehnten Todesjahr seines Vaters eine eindrucksvolle Ausstellung in der Katholischen Akademie in München. Der international erfolgreiche Maler der Moderne, der bis zu seinem Tod im Jahr 2009 in Achmühle lebte und arbeitete, wurde als 17-jähriger Soldat im Zweiten Weltkrieg an die Westfront abkommandiert. Er kam schwerverwundet zurück. Erst 40 Jahre später, 1983, drückte der Künstler seine Gefühle mit Pinsel und Farbe aus.
So sind in einem Jahr um die 100 Acryl-Arbeiten auf Papier (100x70cm) entstanden. Diese Serie nannte der Maler „Wund-Bilder“. Es sind schwarze Abstraktionen auf denen in klaffenden Wunden rotes Blut fließt. Sie wirken, wie eine Sprache aus der Seele und zeigen unverhohlen einen Ausdruck von Leid, Schmerz und Tod. Und trotzdem sagt sein einziges Kind, Dr. Tobias Raum, heute: „Ich mag sie.“ Sie seien wie ein Schlüssel zu den Emotionen seines Vaters. Tobias Raum, der heute mit Familie im Elternhaus in Achmühle lebt und in der Krebsforschung arbeitet, zeigt nun eine repräsentative Einzelschau dieser Wund-Bilder erstmals in der Öffentlichkeit und hat parallel dazu ein Buchprojekt erstellt. Darin bringt Raum zwei junge Männer mit dem gleichen Schicksal zusammen, die sich nie begegneten.
Walter Raum, der Maler und Wolfgang Borchert, einer der bedeutendsten Schriftsteller der Trümmer-Literatur. Beide haben die traumatischen Kriegserlebnisse an der Front auf ihre Art verarbeitet. Borcherts Szenentext „Draussen vor der Türe“ ist „ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen möchte“. Borchert starb 1947 im zarten Alter von 26 Jahren an den Folgen seiner Kriegsspätschäden. „Die Bilder sowie der Text stehen in dem Buch nicht im direkten Dialog, jedoch intensivieren sie das Erlebte einmal mehr“, sagt der Sohn des Künstlers.
„Wir hatten eine enge Beziehung.“
Tobias Raum wuchs als Einzelkind wohlbehütet in Achmühle auf. Seine Mutter Christine Raum führte 45 Jahre bis Ende 2010 die Marien-Apotheke in der Wolfratshauser Altstadt. Der Vater arbeitete im heimischen Atelier und kümmerte sich um den Buben. „Wir hatten eine enge Beziehung“, erinnert sich der heute 51-Jährige.
„Ich lebe, trotz allem…“
Walter Raum, geboren in Hersbruck bei Nürnberg, hat ein umfassendes künstlerisches Werk hinterlassen. Im Kern seines Schaffens stand stets die Frage „Wozu?“. Mit seinen Bildern wollte der Künstler Zeichen setzen und darüber sich fortwährend seiner eigenen Existenz vergewissern. „Ich lebe, trotz allem. Ich lebe mit all meinen Wunden, meinen Zweifeln, mit der ganzen Brüchigkeit der eigenen Existenz und der aller anderen Individuen“, so zitiert ihn sein Sohn in der Einladung zur Vernissage. Walter Raum galt in der internationalen Kunstszene als Avantgardist der Moderne. Er gehörte zu den progressiven Malern seiner Zeit. Er nahm an zahlreichen großen Ausstellungen teil, im Münchner Haus der Kunst, auf der Biennale in Venedig, dem Salon de Sud-Est in Lyon und stellte in New York aus. Für sein künstlerisches Wirken erhielt er viele hochdotierte Auszeichnungen, so auch 1996 das Bundesverdienstkreuz.
Das Buch „Draussen vor der Tür“ mit Texten von Wolfgang Borchert und den „Wund-Bildern“ von Walter Raum, mit einem Vorwort des bekannten Journalisten und Kunstkritikers Wilhelm Warning sowie Tobias Raum ist im Buchhandel (ISBN 978-3-00-060527-7) und beim Verlag (www.edwin-kunz.de ) erhältlich.
Die Ausstellung eröffnet am Dienstag, 22. Januar, um 19 Uhr in der Katholischen Akademie, Mandlstraße 23 in München. Die Ausstellung läuft bis 17. April, Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 9-17 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung.
Fotos: Edwin Kunz (Malerei), Jan Betke (Porträt)

