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Tiger Willi: Markenzeichen Moslem-Mütze und Tigerfell-Imitat

Text und Fotos von Andrea Weber

Tiger Willi ist Kult. Er besingt auf seine liebenswerte und zugleich polarisierende Art die Lust, das Leben und die Alpträume dieser Welt. Der bayerische Mundartkünstler tritt am 23. Juli auf dem KultUrknall-Festival in Murnau auf.

Wilhelm Raabe alias Tiger Willi liebt Arthur Schopenhauer, er verehrt die heiligen Schriften der Inder und das Alte Testament, er kennt Kant, Nietzsche und Adorno und liest die großen Dichter wie Shakespeare, Goethe und Homer. Im Null-Komma-Nix vergeht die Zeit bei einem Gespräch mit ihm über den Sinn des menschlichen Daseins.

Von seinem Heimatort Steinebach am Wörthsee wollte Raabe nie fort. Er wuchs im Gasthaus Raabe auf, dem heutigen „Raabes Wirtshausbrettl“. Der Mann ist gescheit, kann ausschweifend erzählen und wirkt dabei doch kindlich unsicher. Diese Unsicherheit begleite ihn schon sein Leben lang, sagt er. „Ach weißt du, ich wollt‘ einfach nix lernen.“ Also hat man den unwilligen Buben ins Internat gesteckt, doch auch dort blieb er ein schlechter Schüler. Erst Jahre später holte Raabe das Abitur nach und fing an zu studieren. Der leibliche Großvater war ein Professor, der Adoptivvater, den er liebte, ein Metzger. So wurde aus  Wilhelm Raabe ein Metzgermeister und Geisteswissenschaftler in einer Person.

Mit dem „Isele-Rock“ fing alles an

Wenn man ihn heute in seinem gemütlichen Landhaus erlebt, kann man sich kaum vorstellen, wie er einst den derben Schlachter-Alltag in der Wurstküche vom Metzger Isele in Untermenzing überstanden hat. Er ging Boxen und schrieb Gedichte. Der Mann ist ein Widerspruch in sich. Seine Gedanken über den blutigen Alltag mit dem rohen Fleisch steckte er in seinen ersten Liedtext. Mit dem „Isele-Rock“ fing sein musikalisches Künstlerleben an. Aus dem Metzgerlehrling wurde ein Poet, aus dem Wilhelm Raabe die Kunstfigur „Tiger Willi“ und seit diesem Frühjahr ist er zu dem elitären Kreis der Münchner Turmschreiber berufen worden.

Mit  seinen niedergeschriebenen Gefühlen und Gedanken füllt er Tagebücher. Das Neunte ist derzeit in Arbeit. Seine Texte sind auf Bayrisch und Hochdeutsch verfasst und umgeben von farbigen Filzstiftbildern im sogenannten Art Brut gemalt, dem Kunststil der Außenseiter. „Ich lese etwas und habe ein Bild vor meinen Augen. Und aus dem Bild wird eine ganze Geschichte.“

Diese Geschichten nimmt er in seinen Liedern mit auf die Bühne. Sein Markenzeichen: Moslem-Mütze und Weste aus Tigerfell-Imitat. Sein Stil: Mit den Armen ungelenk fuchteln und mit frivolen Grimassen seine markanten Texte singen. Tiger Willi ist provokant, er geht weit, für manche zu weit. Er ist ein polarisierender Künstler, den die einen lieben und die andern abweisen. „Weißt du, dass mich manche Bühnen nicht haben wollen, bloß weil ich vom nackten Arsch sing?“

Warum der „Triebhofer Sepp“ so ist wie er ist

Für den Songpoet ist „das Leben eine Schindermatz“. Im gleichnamigen Lied singt er vom gesellschaftlichen Absturz Drogenabhängiger bis zum sicheren Tod durch den goldenen Schuss. Tiger Willi verurteilt niemand in seinen Liedern, nicht den Mörder, nicht den Dealer, nicht die Prostituierte. Er sucht vielmehr nach den Gründen, warum ein „Triebhofer Sepp“ das tut, was er tut.

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