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Wolfratshauser Amtsgericht: Aktuelle Kunstausstellung

Aus dem Gefühl heraus

Von Andrea Weber

Wolfratshausen, 4.4.2022 – Die Künstlerin Ruth Bien aus Sachsenkam experimentiert gerne. Die gebürtige Gummersbacherin liebt die Vielseitigkeit in der Kunst. Asche, Tusche, Wachs können Bestandteile ihrer informellen Malerei sein. Über die Künstlerfreundin Maria Boschner – sie hat zuvor im Wolfratshauser Amtsgericht ausgestellt – bekam sie Kontakt zu Dietmar Galuschka, der die Ausstellungen in der Wolfratshauser Justizbehörde seit Jahren organisiert. Ruth Bien zeigt im Obergeschoss bis Ende Mai eine Auswahl ihrer Öl- und Aquarellmalerei.

Die Autodidaktin begann in den 1970ger Jahren mit kleinteilig akribisch ausgeführter Hinterglasmalerei von Fachwerkhäusern mit blühenden Kirschbäumen im Vorgarten. Ein künstlerischer Traum von friedlicher Welt. Heute sagt die Künstlerin: „Gegenständliche, formelle Malerei lenkt unsere Phantasie. Informelle Malerei setzt unserer Phantasie keine Grenzen. Sie zu erleben braucht Zeit“.

So darf sich der Besucher der aktuellen Ausstellung im Obergeschoss des Amtsgerichts durchaus Zeit lassen, um Biens Bilder in Ruhe zu betrachten. Auffallend ist, dass die Ausstellung eine künstlerische Entwicklung aufzeigt. Abstrakt formulierte Blumenbilder in Aquarell sind genauso zu finden, wie reine Farbkompositionen in collagierter Technik. Ruth Bien probiert aus, spielt mit Pinsel und Farbe. „Ich fange an und vergesse dabei die Umwelt“, sagt sie. Drei Exponate ihrer Ausstellung erinnern an die Malerei von Paul Klee. Die Farben leuchten, die Formsprache ist in weichen Rundungen ausgeführt. „Ich überlasse dem Betrachter, was er darin sehen will.“  Bien hat diese Bilder-Trilogie in einer speziellen Drucktechnik über eine mit schwarzer Ölfarbe benetzte Glasscheibe auf den Malgrund gebracht. So entsteht eine verwischte Unschärfe.

Mehr Ausdruck in der Abstraktion

Ein weiteres Bild sticht heraus. Davor bleibt man stehen. Die Welt scheint darin nicht mehr heil zu sein. Es ist eine abstrakte Arbeit in gedeckten Blautönen aus spachtelartigen, kubischen Elementen. Und da ist ein Gesicht zu sehen. Wie der „Schrei“ von Edvard Munch. Nicht ganz so grauenvoll, aber doch sehr ernst mit tiefliegenden Augenhöhlen und offenem Mund. Dieses Bild lässt so schnell nicht los. Denn immer mehr Motive tauchen auf – Skalare und andere Fische. Eine Fledermaus mit weit gespanntem Flügelschlag. Dieses Bild zeigt sehr deutlich, warum Abstraktion oftmals mehr Ausdruck haben kann, als naturnaher Realismus. Dieses Bild ist von Gefühlen gemalt. „An diesem Thema bleibe ich dran, um zu sehen, was noch entstehen wird“, sagt Ruth Bien in diesen ungewissen und ernsten Tagen.  

Die Ausstellung von Ruth Bien ist noch bis Ende Mai im Wolfratshauser Amtsgericht zu den regulären Öffnungszeiten zu sehen.

Fotos: Andrea Weber


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