Traditionelle Vergnügungs-Floßfahrt von Wolfratshausen nach München
Gaudifahrt mit alter Tradition
Von Andrea Weber
Wolfratshausen, 7.7.2014 – Josef Seitner kann zu Recht stolz auf seine Familientradition sein. Die Seitners sind eine von drei Flößerfamilien in Wolfratshausen, die über Generationen – bis ins Jahr 1840 zurückgehend – bis heute die Zunft der Flößer betreiben. Längst sind aus den gefährlichen Gütertransporten von einst, über den Wasserweg von Wolfratshausen nach München und weiter über die Donau nach Wien, Vergnügungsfahrten mit Personenbeförderung geworden. Heute genießt diese einzigartige „Gaudi-Floßfahrt“ internationale Beliebtheit. Auf ihre mehr als 1000-jährige Stadtgeschichte, die mit dieser Zunft einhergeht, ist die Kreisstadt Wolfratshausen besonders stolz und wurde deshalb als internationale Flößerstadt anerkannt.
Erste „Gaudi-Fahrt“ an einem christlichen Sonntag
Josef Seitner ist ein erfahrener Floßmeister in der vierten Generation. „Den Beruf kann man nur durch jahrelange Praxis erlernen“, erklärt er. Ein Floßmeister wie er, muss viel Verantwortung für seine Fahrgäste tragen, und deshalb die Zeichen der Natur lesen können. Zum Beispiel wie sich Flussströmung verhält, wie sich das Wetter verändert. Er braucht dazu die handwerklichen Kenntnisse für den Bau eines Floßes. Und freilich kenn Josef Seitner auch die jahrhundertalte Tradition in Wolfratshausen im Detail.
Die Flößertradition reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Damals wurden in erster Linie Baumaterialien wie Holz, Steine, Kalk aus dem Voralpenland nach München, Freising und Landshut transportiert, die dort für den Städtebau benötigt wurden. Der Wasserweg galt als der schnellste Transportweg. 1910 begannen die ersten Vergnügungsfahrten mit Personenbeförderung. Seitners Großvater, Sebastian Seitner, war einer der ersten Stunde, der so eine „Gaudifahrt“ an einem christlichen Sonntag für den Verein „der giftigen Isartal-Schwammerl“ organisierte. „Der Großvater erzählte, wie sie im Trachtenanzug und langen Kleidern mit der Isartal-Bahn nach Wolfratshausen fuhren und fesch herausgeputzt auf dem Floß Platz nahmen“, erinnert sich Seitner. Seinem Großvater sei es zu verdanken, dass die inzwischen weltbekannten Vergnügungsfahrten von Wolfratshausen bis München bis heute durchgeführt werden können. Denn als mit dem Bau des Walchensee-Kraftwerks zur Stromerzeugung (1924-1928) Floßfahrten für den Gütertransport keine Rolle mehr spielten und den Flößern die Fahrlizenzen entzogen werden sollten, habe er gerichtlich bewirkt, dass die Flößer die Lizenzen für Vergnügungsfahrten weiter behalten durften. Sebastian Seitner war auch maßgeblich am Bau der Mühltaler Schleuse beteiligt. „Es ist die größte Floßrutsche Europas. Auf 350 Meter Länge überwinden die Flöße 18 Meter Höhenunterschied“, erklärt der Enkel.
Zünftige Flussfahrt
Vom ersten Mai an, legen an den Wochenenden bis zu 14 Flöße der Wolfratshauser Flößereien Josef Seitner, die seines Cousins Franz Seitner und der Familie Angermeier von der Floßlende in der Pupplinger Au oder vom Wolfratshauser Ortsteil Weidach ab. In den Sommer-Monaten Juni und Juli kommen noch sechs bis acht weitere Floßfahrten unter der Woche dazu. Es ist ein Naturerlebnis verbunden mit bayerischer Gemütlichkeit. Bis zu 60 Passagiere passen auf die zusammengebundenen Holzblanken, zusätzlich spielt eine traditionelle Blasmusik an Board oder auf Wunsch auch Jazz- oder Dixieland-Bands. Natürlich darf bei der ganztägigen Fahrt frisches Bier und eine zünftige Brotzeit für die Passagiere nicht fehlen. „Bei uns gibt’s ois, vom Leberkäs, Weißwürscht, Obazt‘n bis zur deftigen Schweinshaxn“, sagt Seitner. Die Fahrt durch die urwüchsige Natur der Isarauen beginnt um 9 Uhr und endet gegen 15:30 in München. Gemütlich treibt das Floß den ruhigen Kanal entlang, mit Geschwindigkeit geht’s die Mühltaler Schleuse hinab. „Da wird’s zünftig“, sagt Seitner, und kurze Zeit später, am berüchtigten Georgenstein, wird‘s auch noch ernst. „Die Isar macht dort eine enge Kurve und die Flößer müssen nah am Felsen vorbei manövrieren.“ Für die Floßfahrten kann man einzelne Plätze buchen, oder als Gruppe ein ganzes Floß für sich alleine mieten.
Als internationale Flößerstadt ist Wolfratshausen stolz auf seine Geschichte und zeigt dies auch im Stadtgebiet. So kann man eine Dauerausstellung dazu im Stadtmuseum besuchen oder macht einen Spaziergang in der frischen Luft auf dem Loisachuferweg von der Johannisbrücke bis zum Kastenmühlwehr. Dort ist auf Schautafeln die Stadtgeschichte mit Flößerei beschrieben. Tradition und Brauchtum lebt – ganz wenn alle drei Jahre bei Einbruch der Dämmerung die Loisach zu leuchten beginnt. Am Namenstag des Brückenheiligen und Schutzpatrons der Flößer, Johannes Nepomuk, feiert die Stadt die traditionelle Johannisfloßprozession auf der Loisach. Mehr…
http://www.oberland.de/Johannisfloss-Prozession-in-Wo.1032.0.html
Und noch ein Tipp: Mit dem Fahrrad entlang der Loisach gibt es noch mehr über die Flößertradition zu erfahren. Mehr dazu lesen Sie in der „Radlzeitreise ins Loisachtal“. Mehr …
http://www.oberland.de/Gabriele-Rueth-Entlang-der-L.1026.0.html
Informationen der Flößereien:
Josef Seitner unter http://www.flossfahrt.de
Franz Seitner unter http://www.flossfahren.de
Flößerei Angermeier http://www.isarflossfahrten.de